EU-Parlament will Abgas-Entschädigungen für Autofahrer
STRASSBURG (dpa) Autohersteller müssen nach Ansicht des Europaparlaments die Käufer von Fahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten finanziell entschädigen. Rückrufprogramme könnten „nicht als ausreichende Form des Schadenersatzes betrachtet“werden, heißt es in einem Beschluss der EU-Abgeordneten. Das Parlament forderte auch, nationale Stellen und EU-Behörden müssten härter gegen Abgasbetrügereien durchgreifen.
Bei den Beschlüssen handelt es sich um Handlungsempfehlungen für die EU-Kommission, die zunächst noch keine Gesetzeskraft ha- ben. Die Kommission wurde aufgefordert, ein „System zur kollektiven Rechtsdurchsetzung“vorzuschlagen, um die Verbraucherrechte zu stärken. Die Abgeordneten forderten, falls einem Auto die Typgenehmigung wegen Nichteinhaltung von Vorschriften entzogen werde, so müssten „die Besitzer der betroffenen Fahrzeuge für den Fahrzeugkauf vollständig entschädigt“werden. Auch falls durch Nachbesserungen die Leistung oder der Spritverbrauch von Autos nachteilig beeinflusst werde, sollten die Verbraucher „Anspruch auf eine angemessene Entschädigung“haben. Volks- wagen hat Entschädigungen für deutsche Kunden stets abgelehnt und argumentiert, die rechtliche Situation sei völlig anders als in den USA, wo erhebliche Entschädigungszahlungen geleistet wurden.
Die Anwendung von Zulassungsregeln in den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die Arbeit nationaler Testzentren sollten von der EU-Kommission besser und genauer als bisher überprüft werden, beschlossen die Abgeordneten. Die Empfehlung eines Untersuchungsausschusses zur Gründung einer EU-Agentur, die die Arbeit der nationalen Genehmi- gungsbehörden kontrolliert, wurde jedoch abgelehnt.
„Die Kommission und die Mitgliedstaaten hätten klarere Regeln durchsetzen und früher aktiv werden müssen“, sagte der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke. Die aktuellen Abgasregeln böten „zu viel Interpretationsspielraum“. Die EU brauche eine einheitliche Umsetzung von Zulassungsvorschriften. Gieseke ist gegen eine Entschädigungspflicht: „Wenn man eine solche Forderung erhebt, dann sollte man auch ehrlich sein: Nämlich dass am Ende Hunderttausende Jobs in der Autoindustrie gefährdet sind.“
Der niederländische Liberale Gerben-Jan Gerbrandy sagte, die EURegierungen hätten die Autoindustrie „nicht hart anpacken“wollen und deswegen „ein Auge zugedrückt“. EU-Binnenmarktkommissarin Elzbieta Bienkowska übte heftige Kritik an der Autoindustrie: „Die Haltung der Industrie hat sich nicht grundlegend geändert. Ich höre oft, dass es sich um Einzelfälle handelt. Das stimmt nicht.“Auch die EU-Regierungen hätten Nachholbedarf: „Einige Staaten haben ernsthafte Maßnahmen ergriffen, aber andere wollen das Problem immer noch nicht wahrhaben.“