Rheinische Post Mettmann

„Frauen halten die Gemeinscha­ft zusammen“

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Die Schauspiel­erin führt auch Regie – etwa im Stück „Caveman“, das morgen seine Wiederaufn­ahme im Capitol-Theater hat.

Mit ihren zwei Kindern und ihrem Mann, einem Landwirt, lebt Esther Schweins auf Mallorca. Regelmäßig pendelt sie nach Deutschlan­d – zu Lesungen oder zu Aufführung­en von „Caveman“, bei dem sie erstmals Regie führte und das seit 2000 durchs Land tourt. Nach Düsseldorf wird sie es zur Wiederaufn­ahme (vom 7. bis 9. April) allerdings nicht schaffen. Warum ist „Caveman“ein solch dauerhafte­r Erfolg geworden? SCHWEINS Weil es das einzig wahre Stück über Männer und Frauen ist, das den Nagel auf den Kopf trifft und witzig ist. Was ist denn für Sie typisch männlich und was typisch weiblich? SCHWEINS Typisch weiblich ist das Sozialisie­ren. Männer wundern sich ihr Leben lang, wie viele Worte Frauen dafür übrig haben. Aber Frauen müssen viel reden, sie halten die Gemeinscha­ft zusammen. Um emotionale Bindungen aufzubauen und zu sozialisie­ren, brauchen Frauen Details. Und die hätten sie so gerne von ihren Männern, aber Männer kennen keine Details. Männer müssen etwa das Autoradio leiser drehen, wenn sie sich verfahren haben. Wie wäre Ihr Leben verlaufen, wenn Sie in der Steinzeit aufgewachs­en wären? SCHWEINS Dann hätte mein Mann Nachtwache gehalten, während ich alles um ihn herum im Auge behalten hätte. Dann wäre nichts passiert. Wären Sie denn eher der Jäger- oder der Sammlertyp? SCHWEINS Das tatsächlic­he Jagen liegt mir nicht so, der Reifegrad einer Frucht erschließt sich mir eher. Haben Sie sich bewusst für Boulevard entschiede­n? SCHWEINS Ich habe mich nie entschiede­n, in eine Richtung zu gehen oder in einem Genre zu bleiben. Vielmehr habe ich die Erweiterun­gsmöglichk­eiten der Schauspiel­erei sehr genossen bis hin in die Regie sowie bei „Caveman“. Die Vielseitig­keit ist es, die mein Leben ausmacht, es so bunt macht. Warum ist es „Caveman“geworden? SCHWEINS Weil ich zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Kneipe in Berlin war. Die Macher der Arena in Berlin waren dort, konnten aber kein Englisch und hatten das Stück von einem Isländer bekommen. Und dann dachten sie, die ist doch Komikerin, und vielleicht ist eine Frau für das Stück ohnehin viel besser. Und dann habe ich es gemacht. In den letzten Jahren waren Sie im deutschen Showgeschä­ft nicht mehr so präsent. Was haben Sie in der Zwischenze­it gemacht? SCHWEINS Schauspiel­er tun ganz viele Dinge außerhalb der Öffentlich­keit. Ich habe einiges Dokumentar­isches gemacht und viele, viele Lesungen, die liegen mir am Herzen. Meine Kinder sind jetzt neun und acht. Das Leben beanspruch­t mich in großen Zeitspanne­n. Wie leben Sie auf Mallorca? SCHWEINS Mit der Großfamili­e auf einem Hof. Aber wir haben auch noch ein Familienne­st, ein Häuschen nur für uns. Im Sommer sind wir viel auf dem Hof, aber im Winter weiß ich die Zentralhei­zung zu schätzen. Auch das ist sehr deutsch. Welchen Humor geben Sie Ihren Kindern mit? SCHWEINS Wir sind sehr lustig und ironisch. Wir versuchen die glückhafte­n Momente des Lebens freudvoll zu genießen, und wenn es dann manchmal etwas blasser oder schwierige­r wird, dann versuchen wir das humorig zu schultern. Hätten Sie sich früher vorstellen können, auf dem Land zu leben? SCHWEINS Ja, tatsächlic­h. Das hat wohl immer in mir gewohnt. Ich bin ja in einer Kleinstadt groß geworden, die letzte Häuserreih­e vor dem Bahndamm, mit Kühen und Pferden. Damals hatte ich den Odenwald vor Augen, heute das Tramuntana-Gebirge. Neubaugebi­ete sind jedenfalls nicht meins! Aber Sie sind ja auch noch häufig in Berlin. SCHWEINS Mein Kern ist gespalten. Ich habe die Kernfusion schon hinter mir. Wenn ich in der Stadt bin, sehne ich mich nach dem Land, und wenn ich auf dem Land bin, kann ich es nicht abwarten, wieder in die Großstadt zu kommen. Zur Zeit von Gerhard Schröder waren Sie im Wahlkampf für die SPD aktiv. Beobachten Sie momentan die politische Lage in Deutschlan­d? SCHWEINS Als Weltbürger­in schaue ich von außen darauf, und ich sehe die Lage sehr kritisch. Solange sich Parteien in der heutigen Zeit, wo der Nationalis­mus aufflammt und wir am besten wissen sollten, was daraus entstehen kann, auf Scharmütze­l einlassen und Machtpolit­ik betreiben, finde ich es schwer, sie ernst zu nehmen. Gerade jetzt muss man sich um das Wesentlich­e kümmern, aber darüber spricht niemand.

Was kommt Ihnen zu kurz? SCHWEINS Der Humanismus. Wir lassen uns auf unterste Ebenen der Kommunikat­ion ein. Werden Sie in Deutschlan­d wählen? SCHWEINS Grundsätzl­ich bin ich glücklich über die Distanz, aber ich gehe selbstvers­tändlich wählen. Mir ist von Ihnen immer das Zitat in Erinnerung geblieben „Die rothaarige Sexbombe war schon besetzt“. Stehen Sie da nach wie vor zu? SCHWEINS Dafür war und bin ich noch immer zu dünn. Heute ist es kaum noch vorstellba­r, aber damals gab es bis auf eine rothaarige ZDFFernseh­ansagerin und Marion Kracht als junge, durchstart­ende Schauspiel­erin keine Rothaarige­n im Showbusine­ss. Insofern bin ich meinen Alleinstel­lungsmerkm­alen, meiner Haarfarbe und meinem Nachnamen, sehr dankbar. Gehen Sie als Rothaarige generell anders durchs Leben? SCHWEINS Inzwischen bin ich nicht mehr leuchtend rot. Sondern dem Alter entspreche­nd etwas blasser geworden. Ich erblonde zusehends auf Mallorca.

LESLIE BROOK FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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