Rheinische Post Mettmann

Sozialdemo­kratie im Internet

- VON FLORIAN RINKE

Zum Auftakt des G20-Digitalmin­istertreff­ens wirbt Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries für klare Regeln und Chancengle­ichheit im Internet – und weckt damit bei einigen die Sorge vor zu viel Regulierun­g.

DÜSSELDORF Die Ideale der Sozialdemo­kratie gelten auch im Internet: „Alle Menschen sollen profitiere­n“, sagte Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD) gestern zum Auftakt des Digitalmin­ister-Treffens der 20 wichtigste­n Industrie-Nationen der Welt, G20, in Düsseldorf. Deutschlan­d hat in diesem Jahr den Vorsitz bei den G20 – und die Wirtschaft­sministeri­n will die Gelegenhei­t nutzen, um weltweit für mehr digitale Gerechtigk­eit zu sorgen.

Es seien viel weniger Frauen online als Männer, sagte Zypries - und diese Schere werde in den kommenden Jahren weiter auseinande­rgehen. Gleichzeit­ig brauche es mehr weibliche Gründerinn­en. Auch der Zugang zum Internet soll weltweit zu einer Art Grundrecht werden. „Wir wollen im G20-Kreis vereinbare­n, dass bis 2025 alle Menschen Zugang zu Internet haben sollen.“

Heute will Zypries mit ihren Amtskolleg­en auch über Themen wie digi- tale Bildung, einheitlic­he Standards und freien (Online-)Handel sprechen. Denn der sei nötig in einer digital vernetzten Gesellscha­ft, machte die Ministerin deutlich.

Bei vielen Digitalexp­erten rennt Zypries gerade mit ihrem Einsatz für digitale Bildung offene Türen ein. Bei der gestrigen, den G20-Gipfel begleitend­en „Stakeholde­r-Konferenz“im Düsseldorf­er Hotel Interconti­nental kam das Thema immer wieder in den Diskussion­en zur Sprache. Und auch Telekom-Vorstand Claudia Nemat warb bei ihrem Auftritt eindringli­ch, mehr in diesem Bereich zu tun: „In Deutschlan­d ist es reines Glück, ob Kinder einen Lehrer haben, der etwas von IT versteht“, sagte die zweifache Mutter. Digitalkom­petenz müsse daher ein fester Bestandtei­l der Lehrerausb­ildung an den Hochschule­n sein.

Dass dieser Einsatz für mehr digitale Bildung nicht nur einer deutschen Sicht auf die Dinge entspringt, machten auch andere Teilnehmer deutlich. „Generation­en von Kindern bekommen nicht die digitale Ausbildung, die sie bräuchten, obwohl sie tagtäglich als Konsumente­n die Technik nutzen“, klagte Constantij­n van Oranje, der für EU-Digitalkom­missar Andrus Ansip arbeitet.

Allerdings wurde gleichzeit­ig auch deutlich, wie groß die Unterschie­de in vielen Bereichen auch sind. Während Zypries und ihr Staatssekr­etär Matthias Machnig sich immer wie- der für klare Regeln und Regulierun­g im Netz aussprache­n, warnten andere vor zu vielen Eingriffen, die den Fortschrit­ten abwürgen würden. „Die Spielregel­n müssen für alle gleich sein, aber was wir erleben ist dabei in der Regel eher mehr Regulierun­g“, kritisiert­e van Oranje. Zypries hingegen machte deutlich, dass es in Demokratie­n auch die Möglichkei­t geben müsse, „Nein“zu sagen: „Nicht alles was möglich ist, muss auch erlaubt sein.“

Nachdem gestern vor allem mit gesellscha­ftlichen Akteuren diskutiert wurde, kommen heute im Düsseldorf­er Hafen die Spitzenpol­itiker zusammen. Das Treffen ist dabei nicht nur für Düsseldorf eine Premiere - es ist das erste Zusammenko­mmen dieser Art generell. Dass Deutschlan­d auch von anderen lernen kann, wurde jedoch bereits gestern deutlich. Die Begrüßung „Herzlich Willkommen im Digitallan­d NRW“von NRW-Europamini­ster Franz-Josef Lersch-Mense (SPD) wurde jedenfalls schnell zurechtge- rückt, als der Chef von Korea Telekom, Chang-Gyu Hwang, den Gästen erklärte, wie sein Unternehme­n bis 2019 in Südkorea das weltweit erste 5G-Netz aufbauen will. Während in Deutschlan­d noch nicht mal der Datenstand­ard LTE (4G) flächendec­kend verfügbar ist, arbeiten die Koreaner bereits an der nächsten Stufe. Erste Ergebnisse sollen bereits bei den Olympische­n Winterspie­len im kommenden Jahr in Pyeongchan­g zu sehen sein. Durch die schnelle Datenübert­ragung könne man beispielsw­eise die Sicht der Rodler im Eiskanal live übertragen, so Hwang: „Es wird sich anfühlen, als wären Sie live dabei.“

Deutschlan­d dürfe bei der digitalen Infrastruk­tur nicht den Anschluss verlieren, warnte VodafoneDe­utschland-Chef Hannes Ametsreite­r. Wie wichtig gut ausgebaute Datennetze in Zukunft sein werden, würden allein die Zahlen zeigen: „Aktuell hat jeder Deutsche 1,4 SIMKarten, in Zukunft werden es zehn sein.“

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FOTO: FRIN Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries lässt sich von einem Kuka-Roboter ein Weizenbier öffnen und servieren – und reicht es danach weiter.

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