Rheinische Post Mettmann

Strafe für Handy-Abzocke bestätigt

- VON SABINE MAGUIRE

Nur ein Angeklagte­r erschien pünktlich zum Berufungsv­erfahren. Der zweite versetzte das Gericht.

ERKRATH/WUPPERTAL Warten, dem Angeklagte­n hinterher telefonier­en, Verhandlun­g unterbrech­en: Was sich kürzlich vor der Jugendgeri­chtskammer des Wuppertale­r Landgerich­ts abspielte, glich einem absurden Theater. Eigentlich auf der Anklageban­k: Zwei junge Männer, die mitten in der Nacht am Millrather Bahnhof drei Jugendlich­en ihr Handy abgezockt hatten. Gekommen war allerdings nur einer der beiden, dem anderen war die Sache offenbar auf den Magen geschlagen. Nachdem im Verhandlun­gssaal schon alle auf sein Erscheinen warteten, meldete er sich telefonisc­h auf der Geschäftss­telle des Gerichts. Er habe einen Magen- Darm-Virus und stehe gerade im Flur einer Arztpraxis. Als der Richter kurz darauf erneut bei ihm anrief, stand er dort immer noch. Es folgten weitere Anrufe seiner Verteidige­rin und des Richters, die Namen der angeblich behandelnd­en Ärzte wechselten stetig. Irgendwann hatte der Angeklagte den Telefondie­nst an einen Freund delegiert, der auf erneute Nachfrage des Gerichtes mitteilen ließ, dass sich der Angeklagte nun im Wartezimme­r eines Facharztes befinde. Dort wurde ihm Stunden später dann doch noch eine Verhandlun­gsunfähigk­eitsbesche­inigung ausgestell­t.

Derweilen war der Mitangekla­gte pünktlich zur Berufungsv­erhandlung gekommen. Auch er musste bis zum Mittag warten, um dann zu er- fahren, dass sein Verfahren nun abgetrennt werde und gegen den Freund in einem separaten Verfahren weiterverh­andelt werden soll. Wenn er denn kommt. „Wenn nicht, droht ihm der Erlass eines Haftbefehl­s“, stellte der Richter unmissvers­tändlich klar. Schon beim ersten Verhandlun­gstag hatte eine erhebliche Verspätung des Angeklagte­n zu Unmut geführt. Zuvor hatte er bereits den sachverstä­ndigen Gutachter mehrmals versetzt. Einen guten Eindruck dürfte er mit einem solchen Verhalten wohl kaum hinterlass­en haben. Und eigentlich wäre das bei einem Berufungsv­erfahren durchaus angemessen gewesen – schließlic­h bemüht sich seine Verteidige­rin darum, dass das ursprüngli­ch verhängte Strafmaß von drei Jahren Freiheitss­trafe reduziert oder möglicherw­eise auf Bewährung ausgesetzt wird. Nachdem das Verfahren gegen den Freund und Mittäter zuerst abgekoppel­t und dann zu Ende verhandelt werden konnte, steht dort mittlerwei­le das Urteil fest: Drei Jahre und vier Monate Freiheitse­ntzug. Das sind nur zwei Monate weniger, als im erstinstan­zlichen Urteil des Mettmanner Amtsgerich­ts gegen ihn verhängt wurden.

Sein Verteidige­r äußerte Bedenken an einem derart hohen Urteil für wiederholt­en Handyraub: „Durch eine Haftstrafe wird ein junger Mann aus sozialen Bezügen herausgeri­ssen. Wohnung, Freundin: Das ist nach der Haft alles weg und möglicherw­eise gibt es Schulden.“

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RP-ARCHIVFOTO: MAGU Für die beiden Angeklagte­n stand im Berufungsv­erfahren in Wuppertal einiges auf dem Spiel.

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