Rheinische Post Mettmann

GASTBEITRA­G

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Die Ergebnisse von Meinungsum­fragen sind längst nicht nur exakte Momentaufn­ahmen. Sie dienen dem Fein-Tuning der Wahlkampfa­usrichtung. Dabei liegen Meinungsfo­rscher daneben wie selten zuvor.

gemacht werden – unabhängig davon, dass mehr als ein Drittel der Wähler zu den Früh-Wählern (Briefwahl) gehören. Denn die Wahlentsch­eidung sollte auf der Höhe von potenziell­en Informatio­nen getroffen werden, unabhängig davon, wie valide die Daten sind.

Faktisch hat sich eine Sucht nach Demoskopie öffentlich ausgebreit­et – bei Politikern, in Redaktione­n und beim Wähler. Wir lieben offenbar das Messbare aus Mangel an Maßstäben. Umfragen bilden nicht nur Realität ab, sondern sie steuern auch die politische Realität. Wahl- oder Parteitags­termine werden mit Rücksicht auf Sympathiew­ogen gezielt ausgewählt. Unentschie­dene, taktische Wähler orientiere­n sich intensiv an den Umfragedat­en, um eigene Wahlabsich­ten auszuloten. Die Kommentier­ung negativer Umfrageerg­ebnisse, wie derzeit für die CDU oder die Grünen in NRW, nehmen breiteren Raum in der Berichters­tattung ein, als das Bemühen um inhaltlich­e Auswege aus jeweiligen Sympathie-Tiefs. So ersetzt die Diskussion über Umfragedat­en vielfach die inhaltlich­e Auseinande­rsetzung. Dieser täglich zu beobachten­de Umgang mit der Droge Demoskopie ist ein Indiz für extreme Unsicherhe­iten. Wer hingegen wertorient­iert über ein gesellscha­ftliches Zukunftsbi­ld verfügt, macht sich unabhängig von Umfragen. Wer nicht nur Politik nach Tagesmehrh­eit ausrichtet, sondern den gesellscha­ftlichen Grundkonse­ns verändern will, leitet seine Maßstäbe nicht primär aus Umfragen ab. Der eigene Kompass schützt vor Meinungsum­fragen.

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