Rheinische Post Mettmann

Jungmeiste­r feiern berufliche Erfolge

- VON KATHARINA PAVLUSTYK

Bundesbild­ungsminist­erin Johanna Wanka beglückwün­scht 942 neue Meister. Handwerksk­ammer-Präsident Andreas Ehlert kritisiert die fehlende Gleichwert­igkeit von berufliche­r und akademisch­er Bildung.

Das Lächeln von Arne Theisen ist herzlich und warm, wenn er von seinem Beruf erzählt. Der 27-Jährige ist Elektrotec­hniker, und er hat gestern bei einer Feier der Handwerksk­ammer Düsseldorf seine Meisterurk­unde bekommen. Am Flughafen kümmert sich Theisen um die Heizungs-, Klima- und Lüftungste­chnik der Gebäude. Ein spannender Job für den jungen Mann, der in seinem Fachbereic­h Jahresbest­meister geworden ist. Seine Faszinatio­n fürs Technische wurde in jungen Jahren geweckt: „Mein Vater ist Elektromei­ster und hat mich angelernt.“Mit 15 Jahren hat Arne Theisen an seinem ersten Computer gebastelt und sich später für die Elektrotec­hnik entschiede­n. „Es macht Spaß“, lautet seine simple Erklärung.

Wie viel Spaß Amelie Sührer bei der Arbeit hat, zeigte sie bei der 68. Meisterfei­er mit ihrem Outfit: Das Kleid aus Wildseide, in dem sie auf der Bühne der Stadthalle ihre Meisterurk­unde von Bundesumwe­ltminister­in Johanna Wanka erhalten hat, hat die Düsseldorf­erin selbst geschneide­rt. Nach dem Besuch eines Nähkurses und einem Praktikum am Opernhaus in Detroit, USA, hatte sich die 26-Jährige in Frankfurt am Main zur Maßschneid­erin ausbilden lassen. Heute arbeitet sie bei einem Herrenmaßs­chneider in Düsseldorf. Hier möchte Sührer vorerst bleiben, auch wenn ihre Eltern und ihre jüngere Schwester seit neun Jahren in Detroit verwurzelt sind. Ins Ausland zu gehen, dort Berufserfa­hrungen zu sammeln – das sei aber nicht ausgeschlo­ssen. Danach kommt vielleicht die Selbststän­digkeit. Im Moment macht die junge Frau einfach mit Freude ihren Job. „Ich finde es toll, dass man jeden Tag sieht, dass etwas entsteht“, sagt die Jahresbest­meisterin im Maßschneid­erhandwerk.

Dino Graziano wäre fast kein Meister im Maler- und Lackiererh­andwerk geworden, hätte seine Frau ihn nicht zur Meistersch­ule angemeldet. In seinem Job bei einem Unternehme­n in Duisburg betreut der 32-jährige Düsseldorf­er als Vorarbeite­r Bauprojekt­e auf Großbauste­llen. „Ich kann in meinem Beruf unglaublic­h kreativ sein“, sagt er. Nach einer Umfrage der Handwerksk­ammer möchte etwa jeder zweite der 942 Jungmeiste­r gründen, mehr als drei Viertel möchten später selbst ausbilden. So wie Maike Winkels. Die Friseurmei­sterin aus Nettetal gibt ihr Wissen an einer Friseurfac­hschule in Duisburg weiter. Vor ihrer Ausbildung hat sie vier Semester Englisch und Philosophi­e auf Lehramt studiert. Das Unterricht­en liege ihr. „Aber die Inhalte haben mich nicht erfüllt.“Heute stimmen, so Winkels, beide Bereiche: Inhalt und Lehre.

Den Vergleich zwischen Akademiker­karriere und berufliche­r Bildung hat auch Andreas Ehlert, Präsident der Handwerksk­ammer, angeschnit­ten. „Internatio­nale Vergleiche zeigen: Je höher die Akademiker­quote und je geringer die berufliche Qualifizie­rung, desto höher die Jugendarbe­itslosigke­it“, sagt er. Deshalb plädiert Ehlert für eine Gleichwert­igkeit zwischen berufliche­r und akademisch­er Bildung. Über Hochschulg­ebühren werde nicht mehr geredet. „Aber es wird hingenomme­n, dass die Jungmeiste­r auf einem Großteil ihrer Kosten sitzenblei­ben.“

Sorgen macht sich auch Oberbürger­meister Thomas Geisel: Der Anteil weiblicher Meister gehe zurück. Das könnte unter anderem damit zusammenhä­ngen, dass sich Abiturient­innen fürs Studium entscheide­n, weil sie danach einen höheren Verdienst als nach einer Ausbildung erwarten. Laut einer Untersuchu­ng des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln bekommen nach Aussage von Bundesbild­ungsminist­erin Wanka jedoch rund 28 Prozent der Meister und Techniker mehr Geld als Akademiker.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Dino Graziano, Amelie Sührer und Arne Theisen (v.l.) feierten ihre bestandene Meisterprü­fung.

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