Rheinische Post Mettmann

Südwest-Minister bereitet Grenzsiche­rung vor

- VON JAN DREBES UND GREGOR MAYNTZ QUELLE: BUNDESPOLI­ZEI | FOTO: DPA | GRAFIK: FERL

Angesichts von 250.000 erwarteten Mittelmeer­flüchtling­en in Italien verstärkt Baden-Württember­g seine Polizeikrä­fte.

BERLIN Die Bundesregi­erung sieht zwar noch keinen Anlass für offizielle Grenzkontr­ollen zwischen Deutschlan­d und der Schweiz, doch Baden-Württember­g bereitet sich angesichts von 250.000 in diesem Jahr in Italien erwarteten Mittelmeer­flüchtling­en auf ein massives Eingreifen vor. „Wir werden das Mittelmeer in den kommenden Wochen scharf im Blick haben“, sagte Landesinne­nminister Thomas Strobl unserer Redaktion. „Noch haben wir die Grenze zur Schweiz gut unter Kontrolle, aber sollte sich die Lage an der italienisc­h-schweizeri­schen und in der Folge an der schweizeri­sch-deutschen Grenze verschärfe­n, werden wir handeln“, kündigte der CDU-Politiker an.

Thomas Strobl (CDU)

Nach Angaben seines Ministeriu­ms hatte sich die Zahl der illegalen Grenzübert­ritte aus der Schweiz zu Beginn des Jahres gegenüber dem Vergleichs­zeitraum des Vorjahres von 307 auf 914 fast verdreifac­ht. Ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums verwies darauf, dass im Oktober vergangene­n Jahres eine verstärkte Schleierfa­hndung, also auch verdachtsu­nabhängige Personenko­ntrollen, vereinbart worden sei. „Wenn man mehr hinguckt, wird man immer mehr finden“, erläuterte der Sprecher. Jüngste Daten, die allerdings erst in einer Rohfassung vorlägen, deuteten darauf hin, dass sich die extreme Steigerung nicht fortgesetz­t habe, die Ein Flüchtling, der von der

spanischen Organisati­on „Proactiva Open Arms“im Mittelmeer gerettet wurde. Zahlen wieder zurückgega­ngen seien.

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann verwies darauf, dass die Zahl der Aufgriffe illegal Eingereist­er an der bayerisch-österreich­ischen Grenze nach wie vor gering sei und sich eine Steigerung derzeit nicht feststelle­n lasse. „Das zeigt, dass unsere Unterstütz­ung der Bundespoli­zei bei der Grenzkontr­olle funktionie­rt“, stellte Herrmann fest. Nach langem politische­n Tauziehen hatte die Bundesregi­erung entschiede­n, das Mitwirken der bayerische­n Landespoli­zei an den eigentlich allein dem Bund obliegende­n Grenzkontr­ollen zuzulassen. Wenn an anderen deutschen Grenzen die Zahlen stiegen, spreche alles dafür, „dass die anderen Bundesländ­er stärker kontrollie­ren müssen“, so der CSU-Politiker.

Strobl verwies darauf, dass er zu dieser Frage in einem ständigen Dialog mit dem Bundesinne­nminis- ter sei. „Wir werden gegebenenf­alls das Notwendige tun – bis hin zu Grenzkontr­ollen“, erklärte Strobl. Die Landespoli­zei sei bereits verstärkt worden. Strobl: „Wir wissen um die Lage und werden zu jedem Zeitpunkt die notwendige­n Schritte in die Wege leiten.“

Insgesamt sind nach Angaben des Bundesinne­nministeri­ums von Januar bis März 47.300 Asylsuchen­de nach Deutschlan­d eingereist. Ein Blick auf die Hauptstaat­sangehörig- keiten der Flüchtling­e belegt einen doppelten Befund: dass die Zahl insgesamt drastisch zurückgega­ngen ist, dass es aber offenkundi­g eine Verlagerun­g hin zu mehr Flüchtling­en aus Afrika gibt, die in der Mehrzahl den Weg über das Mittelmeer wagen. Auf der einen Seite sank im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Syrer von 89.292 auf 12.252, die der Afghanen von 20.257 auf 5952, die der Iraker von 25.942 auf 5321 und die der Al- baner von 3679 auf 1737. Dagegen stieg die Zahl der Eritreer von 2422 auf 3468, die der Somalier von 614 auf 2048 und die der Nigerianer von 880 auf 1926. Auch die Folgen des in der Türkei vereitelte­n Putsches und nachfolgen­den Ausnahmezu­standes schlagen sich in den Eingangsza­hlen nieder. So stieg die Zahl der Türken mit Asylbegehr­en von 550 im ersten Quartal vergangene­n Jahres auf 1677 seit Beginn diesen Jahres.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e hat die Zahl der abgeschlos­senen Asylverfah­ren erneut gesteigert: von 71.500 im Februar auf 80.600 im März. Vor einem Jahr waren es im März noch 49.300 gewesen. Die Mehrzahl der Fälle endete nicht mit einem dauerhafte­n

„Noch haben wir die Grenze zur Schweiz gut

unter Kontrolle“

Landesinne­nminister von Baden-Württember­g Auch die Folgen des in der Türkei vereitelte­n Putsches schlagen sich in den Eingangsza­hlen

nieder

Bleiberech­t. 20,7 Prozent der Antragstel­ler wurden als Flüchtling­e anerkannt, darunter 0,4 Prozent als Asylberech­tigte, 18,5 Prozent erhielten den sogenannte­n subsidiäre­n Schutz, weil ihnen in ihrer Heimat schwere Gefahren drohen würden, weitere 6,8 Prozent erhielten ein Abschiebun­gsverbot.

Der größte Teil der Anträge (37,4 Prozent) wurde abgelehnt. Weitere 16,6 Prozent hatten sich anderweiti­g erledigt, etwa weil der Antrag zurückgeno­mmen wurde oder im Rahmen des Dublin-Verfahrens ein anderer EU-Staat zuständig war. Die Zahl der noch nicht entschiede­nen Anträge ging auf 278.000 zurück.

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