Rheinische Post Mettmann

Johnson & Johnson muss in Neuss nachzahlen

- VON LUDGER BATEN UND GEORG WINTERS

Der Konzern hat eine Beteiligun­gs-Holding aus Neuss nach Wien verlegt und stille Reserven in Milliarden­höhe gehoben. Darauf waren noch 152 Millionen Euro Gewerbeste­uer fällig. In Österreich dagegen wird der Konzern Steuern sparen.

NEUSS Das Rätsel um das Unternehme­n hinter der 150-MillionenE­uro-Steuerzahl­ung in Neuss ist gelüftet. Es handelt sich um den USamerikan­ischen Pharma-und Konsumgüte­rkonzern Johnson & Johnson, der deutschen Konsumente­n unter anderem durch Marken wie Bebe, Carefree und Penaten bekannt ist. Eine Sprecherin des Neusser Arzneihers­tellers Janssen-Cilag, einer Johnson & Johnson-Tochter, bestätigte dies auf Anfrage unserer Redaktion.

Die Nachzahlun­g an die Stadt Neuss ist die Folge eines Zusammensc­hlusses, bei dem die frühere Johnson & Johnson Group Holdings GmbH in Neuss, die Konzernbet­eiligungen weltweit hält, 2016 auf eine Konzerntoc­hter in Österreich verschmolz­en wurde. Bei dem Deal wurden stille Reserven gehoben, die gewerbeste­uerpflicht­ig waren. Hochgerech­net müssten diese Re- serven aus der Unternehme­nsbewertun­g knapp eine Milliarde Euro ausgemacht haben.

Dazu äußert sich Janssen-Cilag nicht. Das Unternehme­n erklärt dazu: „Wie es die Regel bei solchen Verlagerun­gen ins Ausland ist, wurden die Buchwerte der Gesellscha­ft auf ihren realen Wert bewertet. Im Ergebnis dieser Neubewertu­ng wurde der Marktwert höher als der bisherige Buchwert geschätzt, dadurch ergab sich für das Unternehme­n eine Gewerbeste­uernachzah­lung in Höhe von 152 Millionen Euro. Es handelt sich dabei um ein einmaliges Ereignis aus dem Jahr 2015, das in der Jahressteu­ererklärun­g 2015 gegenüber den Behörden erklärt wurde.“

Gründe für die Verschmelz­ung, die rückwirken­d zum 17. Dezember 2015 erfolgte, werden offiziell nicht genannt. Experten glauben allerdings, dass die Verlagerun­g steuerlich­e Gründe gehabt haben dürfte. In Österreich, wo die Holding jetzt ihren Sitz hat, ist die Steuerbela­stung nämlich deutlich niedriger als in Deutschlan­d. Hierzuland­e zahlen Kapitalges­ellschafte­n 15 Prozent Körperscha­ftsteuer plus Solidaritä­tszuschlag und dazu noch die Gewerbeste­uer, so dass eine Gesamt- belastung von mehr als 30 Prozent entsteht. In Österreich ist die Körperscha­ftsteuer zwar derzeit noch zehn Prozentpun­kte höher als in Deutschlan­d, aber die Gewerbeste­uer gibt es in der Alpenrepub­lik schon seit 1994 nicht mehr. Damit dürfte die gesamte Unternehme­nssteuerbe­lastung im Nachbarlan­d um etwa sieben bis acht Prozentpun­kte niedriger ausfallen als in Deutschlan­d.

Und dieser Unterschie­d könnte demnächst sogar noch deutlicher ausfallen, da die Österreich­er offenbar mit einer Absenkung des Körperscha­ftsteuersa­tzes liebäugeln. Das Thema hat für reichlich Aufregung gesorgt. Im Oktober 2016 waren Pläne des österreich­ischen Finanzmini­steriums bekannt geworden, den Steuersatz auf 20 Prozent zu senken. Dadurch würde der österreich­ische Staat zwar zunächst etwa 1,2 Milliarden Euro an Steuereinn­ahmen verlieren. Aber die Steuersenk­ung könnte erstens die einheimisc­he Wirtschaft stimuliere­n und zweitens den Standort Österreich im internatio­nalen Vergleich wettbewerb­sfähiger machen. Die Gewerkscha­ften haben dagegen eine „Abkehr vom Steuerwett­bewerb“gefordert.

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FOTO: JOHNSON&JOHNSON Die Niederlass­ung des amerikanis­chen Pharmakonz­erns Johnson&Johnson in Neuss.

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