Rheinische Post Mettmann

Mehr bekiffte als betrunkene Fahrer

- VON OLIVER WIEGAND

Pro Jahr fallen 1500 Fahrer auf, weil sie unter Drogeneinf­luss am Steuer sitzen. Der Führersche­in ist dann lange weg.

KREISMETTM­ANN Wenn man zu Hause einen Brief der Führersche­instelle des Kreises Mettmann im Briefkaste­n hat, bedeutet das meist eine Menge Ärger. 1512 Führersche­ininhaber in den zehn Städten des Kreises wurden im vergangene­n Jahr angeschrie­ben, weil sie mit Drogen am Steuer erwischt wurden. „In 20 Prozent der Fälle waren das Kokain oder Ecstasy – da wird der Führersche­in ohne jede Diskussion sofort entzogen“, sagt Brigitte Heinz, Leiterin der Führersche­instelle des Kreises Mettmann.

In den restlichen 80 Prozent der Fälle ist es immer Cannabis, das im Blut von jungen Männern im Alter von 18 bis 30 Jahren gefunden wurde. In den vergangene­n Jahren sei die Zahl der Cannabis-Konsumente­n, die am Steuer erwischt wurden, stark in die Höhe geschnellt. Im Jahr 2013 waren es noch 1216 Mitteilung­en über Fahrten unter Drogeneinf­luss, Drogenbesi­tz und -konsum, die die Polizei an die Führersche­instelle gemeldet hat. Zum Vergleich: Etwa 500 Autofahrer wurden im Jahr 2016 von der Führersche­instelle angeschrie­ben, weil sie alkoholisi­ert unterwegs waren. Die Zahl der Dro- genkonsume­nten liegt also um das Dreifache höher. Brigitte Heinz weiß, dass viele der Cannabis-Konsumente­n aus allen Wolken fallen, wenn sie es auf einmal mit der Führersche­instelle zu tun haben.

Denn mit 500 Euro Strafe, vier Punkten in der Verkehrsün­derkartei und einem Monat Fahrverbot ist es nämlich nicht getan. „Die Strafen verhängt die Bußgeldste­lle, wir schauen uns an, ob jemand seinen Führersche­in behalten kann“, sagt Brigitte Heinz. Bei Cannabis-Konsum drohen eine Fahreignun­gsüberprüf­ung und der Führersche­inentzug. Ist der Führersche­in weg, wird er nur nach einer Medizinisc­hPsycholog­ischen Untersuchu­ng (MPU) neu erteilt. Wer diese, im Volksmund „Idiotentes­t“genannten Untersuchu­ng bestehen will, muss sich mit teuren Kursen vorbereite­n. Cannabis-Konsumente­n sind ihren Führersche­in oft viel schneller los als alkoholisi­erte Autofahrer. Das liegt unter anderem an den Grenzwerte­n, die der Gesetzgebe­r beschlosse­n hat und die durch Gerichtsur­teile bestätigt worden sind. Schon ein Nanogramm THC im Blut reicht für den Entzug der Fahrerlaub­nis. Die Regelung ist unter Medizinern und Juristen nicht unumstritt­en. In der Schweiz gelten drei Nanogramm als Grenzwert. Und auch Brigitte Heinz von der Mettmanner Führersche­instelle weiß: „Die wenigsten sind aufgefalle­n, weil sie kurz vor dem Fahren einen Joint geraucht haben“. Meist lag der Konsum schon einige Tage zurück, es fanden sich aber noch Rückstände im Blut. Wer erwischt wurde, der muss den langen Weg durch die Institutio­nen antreten.

„Viele sind sich nicht darüber im Klaren, dass Drogen hinterm Steuer nicht nur verboten sind, sondern auch eine Gefahr für den Konsumente­n selbst und andere Verkehrste­ilnehmer darstellen“, sagt Brigitte Heinz. Sie kann nur jedem Betroffene­n raten, sofort auf Cannabis zu verzichten.

Um es der Führersche­instelle nachzuweis­en, dass man kein Haschisch mehr konsumiert, müsse man regelmäßig Urinproben abgeben. Das könne man bei verschiede­nen Arztpraxen im Kreis erledigen. Ohne Führersche­in droht einigen auch der Verlust des Jobs. Sie selbst habe schon eine Mutter mit ihrem Sohn, der für den Job auf den Führersche­in angewiesen war, im Amt sitzen gehabt. „Da wird dann auf einmal geweint“, sagt Heinz.

Aber dann ist es oft schon viel zu spät.

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