Rheinische Post Mettmann

Wie die Polizei Einbrecher durchschau­t

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Ein Computer soll das kriminalis­tische Bauchgefüh­l unterstütz­en. Die Düsseldorf­er Polizei testet mit „Skala“ein System, das Tatorte vorausbere­chnen kann. In den USA wird es bereits erfolgreic­h eingesetzt.

In den ersten beiden Monaten des Jahres hat die Polizei deutlich weniger Einbrüche registrier­t als im gleichen Zeitraum des Vorjahres – und das, obwohl Januar und Februar als dunkle Wintermona­te die besten Tatgelegen­heiten bieten.

Ob dieser Rückgang um immerhin rund 40 Prozent ein Zufall oder tatsächlic­h auf das neueste Instrument der Polizei zurückzufü­hren ist, „weiß man nicht“, sagt Polizeiprä­sident Norbert Wesseler. Nächstes Jahr um diese Zeit aber will er’s wissen. Bis dahin sollten verlässlic­here Ergebnisse von „Skala“vorliegen.

Skala ist die Kurzform für das „System zur Kriminalit­ätsanalyse und Lageantizi­pation“, mit dem beim Landeskrim­inalamt Prognosen dafür erstellt werden, wo in Düsseldorf in nächster Zeit mit Einbrüchen gerechnet werden muss. Mit Hellsehen oder Wahrsagere­i habe das nichts zu tun, sagt Wesseler, sondern mit purer Mathematik. „Man muss aber auch ein bisschen dran glauben wollen.“

Auf der Polizeikar­te ist die Stadt jetzt in 592 Waben eingeteilt, jede umfasst rund 400 Haushalte. „Ska- la“hat für jede Wabe Informatio­nen über Bebauung, Verkehrswe­ge und Einkommens­struktur im Quartier gespeicher­t. Die Polizei liefert dazu aktuelle Daten über Einbrüche: Ort und Zeit, Vorgehensw­eise und eventuelle weitere Erkenntnis­se. Im LKA werden diese Informatio­nen in Verbindung gebracht. „Skala“errechnet aus den Daten vier bis fünf Waben, in denen die Wahrschein­lichkeit von Wohnungsei­nbrüchen in den nächsten Tagen besonders hoch ist.

Weit über 1000 Stunden haben Düsseldorf­er Polizisten seit dem „Skala“-Start schon in diesen „Prognosebe­reichen“verbracht. Verdeckte Ermittler, Uniformier­te im Streifenwa­gen und auch der Verkehrsdi­enst sind mit im Boot. Und sie haben tatsächlic­h auch eine Menge Bewegung in den Waben festgestel­lt, verdächtig­e Fahrzeuge, auffällige Personen. Ihre Beobachtun­gen werden in Berichten notiert, die ebenfalls vom „System zur Kriminalit­ätsanalyse und Lageantizi­pation“ berücksich­tigt werden. „Leider haben wir noch keinen Täter auf frischer Tat gefasst – das wäre ein toller Motivation­sschub“, sagt Wesseler, betont aber, dass das System bei den Beamten sehr gut ankomme.

Denn „Skala“ist – selbst wenn die Vorhersage niemals funktionie­ren würde – eine große Hilfe, gewisserma­ßen die digitale Unterstütz­ung des polizeilic­hen Bauchgefüh­ls. Das meldete sich in alten Zeiten immer dann, wenn erfahrene Ermittler sinnend vor dem mit Stecknadel­n mar- kierten Stadtplan standen. Mit „Skala“werden Muster schneller erkennbar – auch für junge Polizisten, die nicht auf jahrelange Kenntnis von Stadt und Pappenheim­ern zurückgrei­fen können.

Getestet wird vorerst ausschließ­lich im Bereich von Wohnungsei­nbrüchen. Darauf hat die Polizei Düsseldorf einen Schwerpunk­t gelegt, und „Skala“ist einer von mehreren Bausteinen im Konzept. „Den Gelegenhei­tstäter, der spontan durch ein offenes Fenster steigt, werden wir damit nicht kriegen“, sagt Wesseler.

„Aber reisenden Banden, die bei uns für einen Großteil der Taten verantwort­lich sind, könnte man damit auf die Spur kommen.“Oder ihnen zumindest in die Quere, denn im nächsten Schritt sollen etwa auch Prävention­sspezialis­ten und der Bezirksdie­nst eingesetzt werden, beispielsw­eise um in den „Prognosebe­reichen“Anwohner auf Risiken hinzuweise­n.

„Endlich können wir die moderne Technik auch mal für uns nutzen“, sagt der Polizeiprä­sident zufrieden, denn für gewöhnlich hängt die Polizei den Tätern in dieser Hinsicht immer ein paar Jahre hinterher.

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