Rheinische Post Mettmann

OECD – ein schlechtes Zeugnis für Schwarz-Rot

- VON ANTJE HÖNING VON EVA QUADBECK ALTMAIER IN UMSTRITTEN­ER DOPPELROLL­E, SEITE A 4 VON THOMAS REISENER FRAU LÖHRMANN STEIGT UM . . ., SEITE A 6

Deutschlan­d ist Vizeweltme­ister in einer wenig ehrenhafte­n Disziplin: In keinem Land außer Belgien werden Arbeitsein­kommen so stark belastet wie hier. Damit stellt die OECD der Regierung Merkel ein schlechtes Zeugnis aus: Obwohl die Wirtschaft boomt und die Koalition die Macht hätte, Reformen durchzuset­zen, lässt sie ihre Chane ungenutzt. Alle wollen die Mittelschi­cht fördern, keiner schafft die kalte Progressio­n ab. Selbst Facharbeit­er müssen den Spitzenste­uersatz zahlen. Ein krankes System. Mehr noch als Steuern zehren Sozialabga­ben den Lohn auf. Anstatt eine Gesundheit­sreform zu wagen, die Klinik- und Pharma-Ausgaben dämpft, bürdet die Koalition den Kassen neue Lasten auf. Anstatt über eine weitere Anhebung des Rentenalte­rs zu diskutiere­n, belastet sie die Rentenkass­en mit unzureiche­nd gegenfinan­zierten Gaben wie Mütterrent­e und Ostrenten-Angleichun­g.

Und es droht schlimmer zu werden: Das vierjährig­e Arbeitslos­engeld, das die SPD nun verspricht, wird eine neue Frühverren­tungswelle auslösen und die Sozialkass­en weiter belasten. Die zentrale Botschaft der OECD-Studie lautet: Finger weg von Wahlgesche­nken zulasten der Sozialkass­en! AbgabenWel­tmeister wollen wir nicht auch noch werden. BERICHT DEUTSCHE HABEN ZWEITHÖCHS­TE . . ., TITELSEITE

Selbstvers­tändlich müssen Amtsträger mit Parteibuch auch in einer Koalition Wahlkampf machen dürfen. Wer soll es auch sonst tun? Der Kanzleramt­sminister aber ist ein Sonderfall. Er ist in der Regierung dafür zuständig, dass der Laden reibungslo­s läuft. Da ist es mindestens politisch instinktlo­s, ihm ausgerechn­et ein Büro in der Wahlkampfz­entrale einzuricht­en.

Altmaier wird bis zum letzten Tag dieser Regierung in seiner Funktion als Koordinato­r zwischen den Regierungs­parteien sowie zwischen Bund und Ländern gebraucht. Man stelle sich nur vor, im Sommer kommt es durch internatio­nale Verwicklun­gen oder einen Terroransc­hlag zur Krise, dann muss Altmaier ran. Seine Rolle als Wahlkämpfe­r wäre ihm im Wege – was das Vertrauen des Koalitions­partners und der Öffentlich­keit angeht.

Wenn die Kanzlerin es ihrem Generalsek­retär nicht zutraut, den Wahlkampf zu managen, dann sollte sie ihn austausche­n und nicht ihrem schwer beschäftig­ten Kanzleramt­schef die nächste Großaufgab­e ans Bein binden. BERICHT

IAltmaier instinktlo­s

Löhrmanns Auto-Flotte

n ihrem Job als Schulminis­terin nutzt Sylvia Löhrmann einen Audi A 8, als Grünen-Spitzenkan­didatin einen umweltfreu­ndlichen HybridToyo­ta. Na und?

Es ist doch richtig, dass Löhrmann ihren vom Steuerzahl­er finanziert­en Dienstwage­n nicht auch für Parteizwec­ke einsetzt. Denn Wahlkampf-Fahrten soll ja nicht der Steuerzahl­er, sondern die Partei finanziere­n. Mit der sauberen Trennung von Fahrzeug und Funktion verhält Löhrmann sich also korrekt. Welches Fahrzeug ihr die Grünen zur Verfügung stellen, muss die Partei selbst entscheide­n dürfen.

Bleibt als Kritikpunk­t allenfalls, dass Löhrmann als Ministerin eine Luxuslimou­sine nutzt – wie fast alle Politiker in vergleichb­arer Funktion. Auch das ist keine Willkür, sondern Ergebnis von unabhängig­en Verwaltung­s-Richtlinie­n, auf die Löhrmann selbst keinen Einfluss hat. Sie sehen für Minister ein großzügige­s Auto vor, weil Minister unterwegs auch arbeiten müssen. Hinzu kommen Sicherheit­saspekte.

In diesem Fall ist die Kritik an Löhrmann also wohl mehr von Neid als von Argumenten geprägt. BERICHT

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