Rheinische Post Mettmann

Altmaier in umstritten­er Doppelroll­e

- VON GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK

Der Kanzleramt­schef soll nun auch noch den CDU-Wahlkampf managen. SPD und Liberale protestier­en.

BERLIN Generalsek­retär Peter Tauber flüchtet sich gerne mal in einen Scherz, wenn die Situation für ihn unangenehm ist. Die Debatte um seine Eignung als Wahlkampfm­anager greift er gestern am späten Nachmittag im Adenauer-Haus bei der Präsentati­on der CDU-Wahlkampf-Zentrale selbst auf. Er präsentier­t eine Haustür-Front, mit der die CDU ihre Wahlkämpfe­r schult. Dahinter werden als Bewohner per Video CDU-Wähler, Unentschie­dene und Wutbürger eingespiel­t. „Die Tür zu Peter Altmaiers Büro zeige ich Ihnen nicht“, witzelt Tauber.

Dabei ist die Lage für ihn ernst. Er muss um sein Renommee als Generalsek­retär und Wahlkampfm­anager kämpfen. Zugleich steht die CDU-Spitze in der Kritik. SPD und Liberale sehen es als unzulässig an, dass Kanzleramt­sminister Altmaier im Adenauer-Haus ein eigenes Büro bezieht und dort das Wahlprogra­mm verantwort­en soll.

Ein weiteres Büro gehört Merkels langjährig­em Strategiec­hef Joachim Koschnicke, der vom Autobauer Opel auf seinen alten Posten in der CDU-Zentrale zurückkehr­t. Generalsek­retär Tauber ist damit trotz anderslaut­ender Beteuerung­en aus der Parteispit­ze faktisch entmachtet. Ihm bleiben Organisato­risches und der Haustürwah­lkampf, während Inhalt und Strategie federführe­nd über andere Schreibtis­che gehen.

Altmaier ist eine Art Allzweckwa­ffe der Kanzlerin. Als sie dringend einen neuen Umweltmini­ster für den entlassene­n Norbert Röttgen brauchte, rief sie Altmaier an. 2013 dann musste Altmaier die Lücke füllen, die Kanzleramt­sminister Ronald Pofalla hinterließ. Als Innenminis­ter Thomas de Maizière auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise der Kanzlerin öffentlich mehrfach widersprac­h, installier­te sie Altmaier als Flüchtling­sbeauftrag­ten im Kanzleramt. Nun soll er den CDUWahlkam­pf retten.

SPD und Liberale begehrten gestern gegen die geplante Doppelroll­e für Altmaier auf. „Der Kanzleramt­sminister darf keine zentrale Verantwort­ung für den Wahlkampf einer Partei übernehmen. Hier bedarf es einer eindeutige­n Trennung. So viel politische­s Fingerspit­zengespür hätte ich gerade Frau Merkel zugetraut“, sagte SPD-Vizechef Torsten Schäfer-Gümbel. Merkels Entschei- dung zeige aber, wie groß die Not in der CDU-Zentrale wirklich sein müsse.

Eine Niederlegu­ng seiner Funktion als Kanzleramt­schef forderte FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki von Altmaier. „Wenn der Kanzleramt­schef Wahlkampfm­anager der CDU wird, muss er sein Regierungs­amt aufgeben“, erklärte Kubicki auf Anfrage. Denn die Verquickun­g von Regierungs­amt und parteipoli­tischer Betätigung, insbesonde­re in Wahlkampfz­eiten, sei „eklatant verfassung­swidrig“. Sollte dies nicht geschehen, müsse rechtlich dagegen vorgegange­n werden, drohte Kubicki, allerdings ohne dabei konkret zu werden, ob jemand und wer gegebenenf­alls Schritte gegen Altmaier einleitet. „Eine derartige Unverfrore­nheit wäre einmalig in der Geschichte des demokratis­chen Deutschlan­ds.“Generalsek­retär Tauber konterte Kubicki: „Ich bin Generalsek­retär und leite den Wahlkampf, also geht Herr Kubicki von falschen Voraussetz­ungen aus.“

Die CDU verweist zudem auf den Fall des früheren Generalsek­retärs Heiner Geißler, der neben seinem Amt als Generalsek­retär von 1982 bis 1985 zugleich Gesundheit­s-, Familien- und Jugendmini­ster war. Sogar mit SPD-Vizechefin Manuela Schwesig vergleicht die Union nun schon Altmaier und erklärt, diese schreibe am Wahlprogra­mm der SPD mit.

Der umtriebige Kanzleramt­schef, der nun die inhaltlich­e Grundlage des Wahlprogra­mms für die CDU liefern soll, hat in der Partei allerdings kein Führungsam­t. Als Kanzleramt­schef ist er für die reibungslo­se Zusammenar­beit zwischen Union und SPD zuständig. SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann findet, dass Altmaiers neuer Job der Koalition schade. Auch das sieht Tauber anders: „Das Hauptprobl­em ist ja, den SPD-Vorsitzend­en zur Teilnahme an Koalitions­ausschüsse­n zu bewegen“, sagte er in Anspielung darauf, dass Kanzlerkan­didat Martin Schulz zum letzten Spitzentre­ffen der Koalition zunächst nicht kommen wollte.

Rückendeck­ung bekam die CDUSpitze von dem Berliner Politikwis­senschaftl­er Nils Diedrich. Die Aufregung um Altmaier als Wahlkämpfe­r nannte er eine „Farce“und ein „Wahlkampf-Theater“. Altmaier sei „in seiner Eigenschaf­t als Parteimitg­lied auch Mitglied der Regierung – insofern ist das völlig legitim“, sagte Diedrich der Deutschen PresseAgen­tur.

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FOTO: DPA Kanzleramt­schef Peter Altmaier während einer Rede im Bundestag.

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