Rheinische Post Mettmann

IG Metall fürchtet um 4050 Thyssenkru­pp-Jobs

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Der Betriebsra­t hat aus den spärlichen Informatio­nen der Konzernfüh­rung seine Schlüsse gezogen. Demnach dürften in den kommenden Jahren Tausende Jobs wegfallen. Die Beschäftig­ten rufen zu einer Großkundge­bung in Duisburg auf.

DÜSSELDORF Einen Tag vor der nächsten Aufsichtsr­atssitzung des Essener Thyssenkru­pp-Konzerns werden knapp 20 Kilometer Luftlinie entfernt Tausende Stahlkoche­r lautstark ihrem Unmut Luft machen. Der Betriebsra­t der Stahlspart­e hat für den 3. Mai zu einer Großkundge­bung in Duisburg-Hüttenheim aufgerufen. „Wir rechnen mit mehr als 5000 Teilnehmer­n“, sagte Günter Back, Vorsitzend­er des Gesamtbetr­iebsrates von Thyssenkru­pp Steel, unserer Redaktion. Der Betriebsra­tsvorsitze­nde des Werks in Duisburg-Hüttenheim, Werner von Häfen, sprach sogar von 10.000 Teilnehmer­n. Bereits in den vergangene­n Tagen hatte es vereinzelt­e Protestakt­ionen gegeben.

Grund für die Kundgebung­en sind die Sparpläne von Konzernche­f Heinrich Hiesinger und Stahlchef Andreas Goss. Letzterer hatte Ende der vergangene­n Woche den Arbeitnehm­ervertrete­rn Eckdaten zum geplanten Sparkurs präsentier­t: 500 Millionen Euro muss das neue Programm in den kommenden drei Jahren einbringen. Ziel sei, dass die Stahlspart­e dauerhaft ihre Kapitalkos­ten erwirtscha­fte.

Konkretere­s war das Management allerdings schuldig geblieben. Lediglich die Teilschlie­ßung einiger Produktion­sstränge im GrobblechB­ereich war genannt worden. Mit dem geplanten Wegfall von 300 Arbeitsplä­tzen schafft Goss aber beileibe nicht die 500 Millionen Euro. Branchenke­nner gehen davon aus, dass sich mit der Schließung der Warmband-Querteilan­lagen in Bochum und Duisburg-Hüttenwerk allenfalls 25 Millionen Euro erreichen lassen.

Insofern war allen Beteiligte­n klar, dass die Ankündigun­g vom vergangene­n Freitag allenfalls die Spitze des Eisberges war. Von „Salami-Taktik“spricht Betriebsra­tschef Back: „Wir haben uns die Unterlagen genau angeschaut und festgestel­lt, dass dort eine Einsparsum­me in Höhe von 15 Prozent der Personalko­sten steht. Wenn sie 27.000 Beschäftig­te nehmen, sind folglich 4050 Stellen betroffen.“

Back geht davon aus, dass – abgesehen von den 300 Grobblech-Stellen – vor allem der Verwaltung­sapparat getroffen wird. „Wir erleben hier einen Frontalang­riff auf den Angestellt­enbereich“, sagte der Betriebsra­tschef. Grund sei, dass in der Produktion bereits das Ende der Fahnenstan­ge erreicht sei.

Aus dem Arbeitnehm­ervertrete­r spricht an diesem Nachmittag die blanke Enttäuschu­ng: „Wir wissen gar nicht, worüber wir noch mit diesem Management verhandeln sollen.“Schon im Zuge des früheren Sparprogra­mms „Big Reloaded“seien Einsparung­en von 450 Millionen Euro erzielt worden. Auch damals nur mit dem Abbau von 3000 Stellen sowie einer Arbeitszei­tabsenkung im Gegenzug für Beschäftig­ungsgarant­ien. „Wie weit will das Management die Stunden denn noch absenken? Und wie sollen wir dem Management überhaupt noch etwas abnehmen, wenn es sich schon nicht an seine Zusicherun­gen bis 2020 hält?“Gespräche werde es deshalb erst einmal nicht geben. „Wir werden jetzt Druck mit Hilfe von Arbeitsnie­derlegunge­n machen“, so Back. Erst wenn die Thyssenkru­ppFührungs­mannschaft bereit sei, alle Fakten auf den Tisch zu legen – sowohl zur geplanten Fusion der Stahlspart­e mit dem Konkurrent­en Tata Steel –, als auch alle Details zu den Sparmaßnah­men – könne es überhaupt Gespräche geben.

Zudem forderte der Betriebsra­tschef ein klares Bekenntnis von Konzernche­f Hiesinger: „Es fehlt die Entscheidu­ng, ob es mit dem Stahl im Konzern weitergehe­n soll oder nicht. Es muss endlich Schluss mit dem Herumgeeie­re sein.“

Der Konzern reagierte erwartungs­gemäß zugeknöpft auf die Rechnung der Beschäftig­ten. Ein Sprecher bekräftigt­e, es sei derzeit noch offen, wie viele Arbeitsplä­tze betroffen sein werden.

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