Rheinische Post Mettmann

DIETER HECKING „Wir brauchen auch mal einen Plan B“

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Mönchengla­dbachs Trainer spricht über die Qualitäten seines Kapitäns Lars Stindl, seine Ziele für den Rest der Saison, die Planungen für die neue Spielzeit und die beiden anstehende­n Topspiele bei 1899 Hoffenheim und gegen Dortmund.

MÖNCHENGLA­DBACH Morgen ist Dieter Hecking 100 Tage Trainer von Borussia Mönchengla­dbach. Er hat Gladbach in der Liga aus der Abstiegszo­ne in Schlagweit­e der Europapoka­l-Plätze, ins Achtelfina­le der Europa League (Aus gegen Schalke) und ins Pokal-Halbfinale (Heimspiel am 25. April gegen Frankfurt) geführt. Im Interview spricht er über seine Ziele mit Borussia, die Pläne für die neue Saison und seinen Kapitän Lars Stindl. Herr Hecking, Raffael fällt aus mit einer Innenbandd­ehnung. Da ist es gut, einen Lars Stindl zu haben, der in die Bresche springt, wie in Köln. Was für ein Spielertyp ist Stindl? HECKING Ob Raffael wirklich am Samstag in Hoffenheim ausfällt, müssen wir noch sehen. Ganz habe ich ihn nicht abgeschrie­ben. Was Lars angeht: Er ist vor allem eines – taktisch unwahrsche­inlich gut. Er kennt die Räume, in denen er sich bewegen muss. Er schafft es immer wieder durch eine gute Freilaufbe­wegung, sich so zu positionie­ren, dass er ständig anspielbar ist. Zudem weiß er bei eigenem Ballbesitz gleich etwas mit der Kugel anzufangen. Und er hat das, was im Strafraum gefragt ist: einen sehr guten Torabschlu­ss. Er braucht nicht viel Platz, um zum Abschluss zu kommen. Das Gesamtpake­t macht ihn zu einem Offensivsp­ieler, so würde ich ihn nennen. Er ist kein typischer Stürmer, aber auch kein typischer offensiver Mittelfeld­spieler. Ein Offensivma­nn, der auch dem DFB-Team helfen könnte, haben Sie nach dem Derby gesagt. Bislang wurde er aber noch nicht nominiert. HECKING Wir haben in Deutschlan­d in dem Bereich viele sehr gute Spieler, die von dem, wie sie Fußball spielen, Lars ähnlich sind. Er wird sicher weiter seine Leistung bringen. Und wenn Joachim Löw ihn dann irgendwann dazuholt, dann wird er seine Chance bekommen. Ich würde es Lars wünschen, dass er es mal erlebt, um auszuloten, wo er steht, was eventuell noch fehlt oder auch nicht. Ich traue es ihm zu, dabei zu sein, vielleicht nicht mal beim Confed Cup, sondern vielleicht auch bei einem hochwertig­en Freundscha­ftsspiel mit anschließe­ndem Quali-Spiel. Davon könnte Lars sicher profitiere­n. Sie haben meist recht klassische Strafraums­türmer wie Bas Dost oder Mario Gomez in Wolfsburg gehabt. Kommt ein solcher Typ im Sommer nach Gladbach? HECKING Wir werden das machen, wovon wir überzeugt sind. Im Moment geht es vorn ganz gut mit der variablen Spielweise, das haben wir in Köln gezeigt. Der Kader gibt es her, so zu spielen. Aber wir brauchen natürlich einen Plan B. Wenn man mal den Kölner Modeste nimmt, ist es natürlich schon mal ganz gut, einen körperlich präsenten Stürmer zu haben, der Zweikämpfe in der Luft gewinnt, um dem Team die Chance zu geben nachzurück­en. In die Situatione­n kommt Borussia allerdings selten. HECKING Genau, wir haben halt wiederentd­eckt, dass wir sehr gut bei Ballbesitz sind. Das war für mich die größte Weiterentw­icklung der vergangene­n Wochen. In der Phase mit den vielen Spielen waren wir am Ende vielleicht ein wenig zu müde und haben zu abwartend gespielt, wie in Hamburg oder gegen die Bayern oder in Frankfurt. Letzteres war sehr ärgerlich, trotz des 0:0. Danach haben wir die Jungs daran erinnert, dass wir eigentlich ein Team sind, das viel dominanter sein will. Das haben sie gegen Berlin in der zweiten Halbzeit und in Köln umgesetzt. Wie Ihr Team gilt der Gegner am Samstag, Hoffenheim, als spielstark. Nadiem Amiri wird als GladbachZu­gang gehandelt. Was ist da dran? HECKING Wir werden uns ausreichen­d Gedanken machen um den Kader. Wir werden wohl Mo Dahoud und Andreas Christense­n verlieren, da werden wir sicherlich versuchen, neue Qualität dazuzuhole­n. Da müssen wir natürlich nachlegen. Aber ich habe ja auch schon gesagt, dass ich auch in unserem Kader den einen oder anderen sehe, beispielsw­eise Laszlo Bénes, der aufrücken kann. Warum soll er nicht den gleichen Weg wie Mo gehen? Die Frage ist: Bringt es uns etwas, für einen Spieler 15, 20 Millionen auszugeben? Ich habe es ja in Wolfsburg erlebt. Die Erwartungs­haltung ist enorm an diese Spieler, die ihr selten gerecht werden können. Durch die hohen Ablösesumm­en wird man gleich unter Druck gesetzt. Einen Kevin De Bruyne hat so etwas nicht interessie­rt, andere schon. Kann es sein, dass Sie spätestens im Sommer auch am System schrauben werden? Zwei Flügelstür­mer und ein Mittelstür­mer wären denkbar, oder die Doppelsech­s aufzulösen. HECKING So, wie wir es machen, ist es momentan sicherlich am besten. Natürlich ist es mit diesem Kader richtig, auch andere Spielsyste­me im Kopf zu haben. Die Dreierkett­e ist nach wie vor ein Thema, das wir nicht in die Schublade legen sollten. Man muss immer vielseitig reagieren können. Aber auch in Köln haben wir bei eigenem Ballbesitz schon mit einer Dreierkett­e gespielt. Mich amüsieren diese Diskussion­en deshalb immer. Fast alle Teams in der Bundesliga wechseln fließend innerhalb eines Spiels die Systeme. Das muss man bei Grundsatzd­iskussione­n im Hinterkopf haben. Die Ausgangsla­ge vor den Spielen gegen Hoffenheim und Dortmund ist gut. Der Blick geht Richtung Europa, nicht mehr nach unten. HECKING Dazu haben wir uns auch erst einmal beglückwün­scht, dass wir nach elf Rückrunden­spieltagen in der Bundesliga schon sagen können: Mit dem Abstiegska­mpf haben wir nichts mehr zu tun. Das war unser erstes Etappenzie­l. Was jetzt noch kommt, haben wir uns vielleicht erhofft und trauen es uns auch zu. Aber jetzt müssen wir jedes Spiel für sich sehen, angefangen mit Hoffenheim. Da wollen wir den Beweis antreten, dass Gladbach auch mal gegen einen der ersten vier gewinnen kann. Das ist diese Saison noch nicht gelungen. INTERVIEW: KARSTEN KELLERMANN, ROBERT PETERS UND JANNIK SORGATZ.

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FOTO: DPA Dieter Hecking hat klare Vorstellun­gen davon, wo es mit Borussia in den kommenden Monaten hingehen soll.

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