Rheinische Post Mettmann

Auf dem Kreuzweg durch Bamberg

- VON ULLI TRAUB

Sieben Stationen bietet der restaurier­te Weg, der im Jahr 1503 angelegt wurde. Zur Osterzeit finden Pilger in der Maternkape­lle noch eine Ausstellun­g mit seltenen, fast nur im fränkische­n Raum verbreitet­en Passionskr­ippen.

BAMBERG Wenn von Einkehr in Bamberg die Rede ist, denken die meisten wohl an eine Gastwirtsc­haft. Schließlic­h ist die Stadt ja so etwas wie die Bierhaupts­tadt der Republik mit nicht weniger als acht unabhängig­en Brauereien. Dabei soll hier von einer anderen, etwas ins Abseits geratenen Einkehr gesprochen werden: der inneren Einkehr. Wer die sucht, findet in der schönen Bischofsst­adt ein geeignetes Ziel – besonders zur Osterzeit.

Anna-Elisabeth Stein freut sich darüber, dass der Bamberger Kreuzweg vor einigen Jahren restaurier­t worden ist. „Das wurde auch Zeit, denn mit seiner über 500-jährigen Geschichte ist er doch etwas Besonderes“, meint die Stadtführe­rin. Seit dem Jahr 1503 warten die sieben Stationen auf Pilger und andere Andächtige. Von St. Elisabeth bis zu St. Getreu verläuft der Weg leicht ansteigend. Man merkt es in den Beinen: Die Stadt ist wie Rom auf sieben Hügeln erbaut worden.

Ausdruckss­tarke Steinrelie­fs zeigen, wie der gekrümmt stehende Jesus mühsam das Kreuz schultert, seine in Ohnmacht fallende Mutter, klagende Frauen und brutale Peiniger. Die Szenen sind mit erklärende­n Bildunters­chriften versehen. „Früher war es üblich, dass Adelige Kreuzwege für diejenigen anlegen ließen, die nicht ins Heilige Land reisen konnten“, erfährt man von Anna-Elisabeth Stein. Seinen Abschluss findet der von einem Ritter gestiftete Kreuzweg vor dem beeindruck­enden Heiligen Grab mit farbigen, fast lebensgroß­en Sandsteinf­iguren in St. Getreu.

Auf dem (Kreuz-)Weg von der Sandstraße mit ihren vielen Kneipen lässt man den Rummel der Stadt hinter sich. Man spaziert un- terhalb der barocken Residenz und dem Rosengarte­n, wo es sich einst die Fürstbisch­öfe gutgehen ließen. In die andere Richtung knickt der stille Benediktin­erweg zum ehemaligen Kloster und zu St. Michael ab. Am Ende des Wegs lädt hinter St. Getreu die im Grünen liegende Villa Remeis zu einer Kaffeepaus­e – Blick über die Stadt inklusive.

Von diesem exklusiven Ort geht es zurück, nein, nicht zum Dom mit seinen Touristenh­undertscha­ften, sondern zur unscheinba­ren Maternkape­lle. Hier haben die Bamberger Krippenfre­unde ihren Ausstellun­gsraum und zeigen zur Osterzeit eine weitere Besonderhe­it: Passionskr­ippen. Diese erns- ten Krippen, die das Geschehen von Palmsonnta­g bis Ostermonta­g darstellen, findet man fast nur noch im fränkische­n Raum. Warum nur hier? Darauf weiß niemand eine schlüssige Antwort.

Bei der Passion sei der Krippenbau­er im Gegensatz zu den Weihnachts­darstellun­gen mehr gefordert, erklärt Karl-Heinz Exner. „Man muss sich mit vielen verschiede­nen Szenen und Figuren beschäftig­en und sich überlegen, wie bringe ich zum Beispiel Leben ins Letzte Abendmahl.“Der frühere Computerte­chniker betont, dass es keine normale Arbeit sei. „Es ist intensives Erleben.“So mag es auch den Besuchern der Ausstellun­g gehen, die er- greifende Szenen wie den leidenden Jesus in einem abweisende­n Raum mit hohen Decken sehen. Die Krippen sind voller Dramatik, zeugen aber auch vom Einfallsre­ichtum der Künstler. Zypressen seien aus den Dolden der Nachtkerze gefertigt, Wasser aus Plexiglas, verrät Krippenbau­er Exner.

Von der Maternkape­lle führt der Weg der Bamberger Ostermarsc­hierer hoch zum Karmeliten­kloster. Hier befindet sich einer der wenigen erhaltenen romanische­n Kreuzgänge. „Manchmal bin ich jeden Tag hierher gegangen“, erzählt AnnaElisab­eth Stein. „Ich wollte die rätselhaft­en Kapitellfi­guren verstehen.“Einiges könne aber auch die Wissenscha­ft bis heute nicht erklären. Menschen-, Tier- und Pflanzensy­mbole wechseln sich ab. Ein Hauptthema des Bildprogra­mms ist der Kampf gegen Versuchung und Sünde. „Die Plastiken dienten der Unterweisu­ng, sie waren so etwas wie eine dreidimens­ionale Bibel“, erklärt die Führerin. „Die damaligen Bewohnerin­nen, Nonnen des Benediktin­erordens, konnten nämlich nicht lesen.“

Wer von den sieben Hügeln hinuntersp­aziert, erreicht die Bürgerstad­t. Stille Einkehr ist hier weniger angesagt, aber dass Ostern ist, merkt man spätestens vor dem Neptunsbru­nnen am Grünen Markt. Die barocke Anlage zieren zu dieser Zeit hunderte bemalte Eier: ein Brauch, der die Bedeutung des Wassers, das früher in dieser Region knapp war, betont. In den Dörfern der benachbart­en Fränkische­n Schweiz findet man überall üppig geschmückt­e Osterbrunn­en. Auf die Bierproduk­tion kann sich die einstige Wasserknap­pheit nicht ausgewirkt haben. Deshalb ist die Einkehr in eines der traditione­llen Bamberger Brauhäuser zum Abschluss des Rundgangs selbstvers­tändlich oberstes Gebot.

Seit dem Jahr 1503 warten die sieben Stationen auf Pilger und an

dere Andächtige

INFO Bamberg Tourismus, Telefon 0951/ 2976-200, „www.bamberg.info/“Passionskr­ippenausst­ellung: vor und nach Ostern in der Maternkape­lle Bamberg, www.krippenfre­unde-bamberg.de/

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FOTO: DPA Blick auf die verschacht­elte Bamberger Altstadt. Im Hintergrun­d links ist der Bamberger Dom zu sehen. Vom Kreuzweg aus bieten sich immer wieder interessan­te Perspektiv­en auf die Stadt.

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