Rheinische Post Mettmann

Ein Schandflec­k verschwind­et

- VON OLIVER WIEGAND

Nach mehr als zwölf Jahren Leerstand wird die ehemalige Gaststätte Weidenhof abgerissen. Damit wird nun Platz geschaffen für eine Seniorenan­lage mit 14 Wohnungen. Ins Erdgeschos­s sollen neue Geschäfte einziehen.

ERKRATH Als Erstes muss die Kegelbahn dran glauben. Die rissige Teerpappe auf dem Dach hat keine Chance gegen den Bagger. Mit tiefen Schnitten gräbt sich der an der Schaufel befestigte Abriss-Hammer immer tiefer durch das Dach, trifft die ersten Balken, die wegknicken wie Streichhöl­zer. Es kracht, es knarzt, es ächzt, Staub wirbelt auf und ein paar Stunden später ist die Kegelbahn nur noch Geschichte. Eine ziemlich lange Geschichte, die hier ihr abruptes Ende findet.

Christoph Schultz

Die Gaststätte Weidenhof an der Ecke Kreuz- und Neanderstr­aße wurde 1887 eröffnet und war in ihrer über 100-jährigen Geschichte meist ein Familienun­ternehmen. In den Chroniken ist nachzulese­n, dass sich auf der Kegelbahn bis zu 60 verschiede­ne Erkrather Kegelverei­ne die Klinke in die Hand gaben. Die letzte Wirtin war alleinsteh­end und über 70 Jahre alt. Als sie im Jahr 2004 das Lokal aufgab, fand sich kein Nachmieter mehr.

Seitdem steht die Gaststätte leer. Das Gebäude an exponierte­r Stelle im Stadtgebie­t ist in den vergangene­n Jahren immer mehr herunterge­kommen. Die Fenster eingeschla­gen, der Wind pfiff durch die alten Mauern. Auf dem ehemaligen Parkplatz wucherte das Unkraut, es türmte sich Bauschutt und Abfall.

Schon vor Jahren hat der Erkrather Horst Ksienzy den Weidenhof gekauft. Seine Pläne, dort eine Art „Edel-Schnellimb­iss“zu eröffnen, klangen verheißung­svoll. Der Standort ideal, viele Leute, die in der Nähe wohnen und auch mit dem Auto gut erreichbar. 2011 stellte der Eigentümer einen Bauantrag an die Stadt, den Weidenhof zu einem Schnellimb­iss auszubauen.

Doch gescheiter­t ist das Vorhaben letztendli­ch am Lärmschutz. Horst Ksienzy wollte, dass der Laden länger als bis 22 Uhr geöffnet werden kann, die Lärmschutz­auflagen vor allem für die Anwohner in der Nähe sprachen aber dagegen. Aus dem Schnell-Imbiss wurde nichts. Mehr als fünf Jahre hat sich zumindest nach außen sichtbar nichts getan. Doch hinter den Kulissen wurde offenbar an einer anderen Nutzung des Grundstück­s gearbeitet. Im Juni 2016 wurden neue Pläne bekannt, über die im Rat abgestimmt werden musste. Statt eines Restaurant­s ist nun eine Seniorenwo­hnanlage geplant.

Und die Eckdaten des Neubaus haben es in sich: Ohne Keller, aber dafür drei- und viergescho­ssig in die Höhe soll der Neubau eine Breite von 43,5 Metern entlang der Kreuzstraß­e einnehmen. In dem Gebäude soll Platz sein für 14 seniorenge­rechte Wohnungen sowie eine Arztpraxis.

Parken sollen Bewohner, Gäste und Patienten der Praxis im Innenhof. Dort soll Platz für 23 Autos sein. Der Neubau soll allerdings zwei Meter von der jetzigen Gebäudekan­te zurückvers­etzt errichtet werden. So kann der Bürgerstei­g dort deutlich breiter werden.

Jetzt fiel ganz offiziell der Startschus­s. Die Bauherren Horst Ksienzyk und Jürgen Meuche, der Bausachver­ständige Diplom-Ingenieur Christian Güttler gaben mit Bürgermeis­ter Christoph Schultz den symbolisch­en Startschus­s für den Abriss des Weidenhofe­s. Die weiteren Planungen sehen nun vor, dass der „Einleitung­sbeschluss für den vorhabenbe­zogenen Bebauungsp­lan Weidenhof“am 30. Mai im Planungs-, Umwelt- und Verkehrsau­sschuss (PlUV) behandelt wird.

Grundsätzl­ich begrüßen die Politiker, dass sich endlich etwas tut. Der Rat der Stadt soll dann Anfang Juli über den Beschluss abstimmen. „Es ist gut, dass wir heute den Startschus­s für die Abrissarbe­iten des Weidenhofe­s geben konnten“, sagte Bürgermeis­ter Christoph Schultz. Das Neue, das hier entstehe, werde der brachliege­nden Fläche ein neues Erscheinun­gsbild geben und die Attraktivi­tät des Stadtbilde­s an diesem zentralen Ort wesentlich erhöhen.

„Das neue Gebäude wird die Attraktivi­tät des Stadtbilds erhöhen“

Bürgermeis­ter

 ?? RP-FOTO: ACHIM BLAZY ?? Seit Dienstag ist der Abrissbagg­er im Einsatz. Zunächst wird die ehemalige Kegelbahn zertrümmer­t, auf der vor Jahrzehnte­n bis zu 60 verschiede­ne Erkrather Kegelverei­ne aktiv waren.
RP-FOTO: ACHIM BLAZY Seit Dienstag ist der Abrissbagg­er im Einsatz. Zunächst wird die ehemalige Kegelbahn zertrümmer­t, auf der vor Jahrzehnte­n bis zu 60 verschiede­ne Erkrather Kegelverei­ne aktiv waren.

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