Rheinische Post Mettmann

Hans Frühauf hat den längsten Atem

- VON LARS MADER

Jetzt ist er 90 Jahre alt geworden. Rund 100 Gäste gratuliert­em dem Jubilar, der seit 70 Jahren im Chor singt.

ERKRATH Das Glück hat es gefügt, dass der 90. Geburtstag von Hans Frühauf auf einen Mittwoch fallen sollte. An diesem Wochentag geht der Bruchhause­ner regelmäßig zu den Proben des Hochdahler Männergesa­ngvereins 1909 ins Franziskus­haus nach Trills.

Ihrem treusten Stimmbrude­r zu Ehren ließen die Sänger die Probe sausen und probten stattdesse­n eine große Sause. Gut Hundert Gratulante­n hatten sich am Eingang aufgereiht, denn Frühauf ließ es sich nicht nehmen, jeden per Handschlag zu begrüßen. Die enorme Anzahl an Gästen kam zustande, weil Frühauf nicht nur im Männerchor aktiv ist, sondern ebenso basskräfti­g den gemischten Kirchencho­r St. Cäcilia unterstütz­t. Als Dank gab es einige Ständchen, die Frühauf ohne Blick aufs Notenblatt textsicher mitsingen konnte.

Auch Sängerinne­n des Frauenchor­es Hochdahl 1942 ließen den Chorsenior hochleben. Mit über siebzig aktiven Chorjahren kann man Frühauf Hochdahls erfahrenst­en Sänger nennen. Dass der in Reinschdor­f an der Oder geborene Oberschles­ier hier im Niederberg­ischen gesungen hat, ist eine schicksals­starke Geschichte. Seine Schwestern hatten in der alten Heimat im Kirchencho­r gesungen, doch von seiner eigenen musischen Gabe wusste er damals nichts, erzählt Frühauf: „Aber es muss ja wohl in der Familie gelegen haben.“Nach Kriegsende lernte der 18-jährige Soldat im französisc­hen Gefangenen­lager in Montabaur einen Kölner Kameraden kennen. Dieser empfahl Frühauf, sich doch auf einem Gruitener Bauernhof zu melden, in dessen Nähe er stationier­t gewesen war. Dass Frühauf diesen Rat befolgte, erwies sich als absolut richtig. Dort fand er nicht nur Arbeit, Unterkunft und Verpflegun­g, sondern auch Anschluss an den Kirchencho­r, der neben dem Bauernhof probte. Auch lernte er in Gruiten seine Ehefrau kennen, die später selbst das Singen für sich entdeckte. Als die Frühaufs eine Siedlungss­tel- le am Nelkenweg erhielten, zogen sie nach Hochdahl, bauten ein Haus und bekamen fünf Kinder. Der gelernte Maschinens­chlosser sah sich zu Arbeitszei­ten auch mit den damals gebräuchli­chen Werkstoffg­iften ausgesetzt. Doch irgendwie scheint der schier unverwüstl­iche Frühauf überaus widerstand­sfähig zu sein. Die Vorsitzend­e des Chorverban­des Düsseldorf, Christel Paschke-Sander, vermutet den Einfluss der Musik: „Herr Frühauf ist sicherlich das beste Beispiel dafür, was Singen mit uns macht. Es hält geistig und körperlich fit.“Im vergangene­n Jahr hatte sie ihn im Düsseldorf­er Rathaus für seine siebzig Jahre Sangesenga­gement ausgezeich­net und geehrt. „Musik wäscht den Staub von der Seele“, wandelte Erkraths Erste stellvertr­etende Bürgermeis­terin Regina Wedding einen Ausspruch des Schriftste­llers Berthold Auerbach auf die positive Lebenshalt­ung des Jubilars ab. Im Namen der Mitsänger gratuliert­e der Vorsitzend­e der Hochdahler Chöre, Detmar von Foerster, voll Respekt und Humor: „Du bist uns allen ein Vorbild. Wir wünschen Dir weiterhin ein pünktliche­s Proben. Wenn alle immer so pünktlich wären wie der Hans, dann wäre ich schon zufrieden.“

Auch stimmlich ist Frühauf gereift. Vom höheren ersten Bass wechselte er in das Fundament der tiefen zweiten Bassstimme. Gerne erinnert Frühauf die Abenteuer auf Chorreisen von Kapstadt bis ins westkanadi­sche Vancouver. Ebenso unvergesse­n blieben ihm die Begegnunge­n mit dem erst zu Jahresbegi­nn verstorben­en Weltklasse-Tenor Nicolai Gedda. Bei einem Konzert mit dem Männergesa­ngverein mischte sich der Star unter die Hochdahler und sang als einer von ihnen einfach mit.

 ?? RP-FOTO: ACHIM BLAZY ?? Hans Frühauf bekam als 18-jähriger Kriegsgefa­ngener den Tipp, sich auf einem Bauernhof in Gruiten zu melden. Später zog er nach Hochdahl und gründete dort eine Familie. Im Chor hat er immer gerne gesungen.
RP-FOTO: ACHIM BLAZY Hans Frühauf bekam als 18-jähriger Kriegsgefa­ngener den Tipp, sich auf einem Bauernhof in Gruiten zu melden. Später zog er nach Hochdahl und gründete dort eine Familie. Im Chor hat er immer gerne gesungen.

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