Rheinische Post Mettmann

Per Onlinevide­o im echten Laden kaufen

- VON THORSTEN BREITKOPF

Der Roboter „Lisa“könnte ein Element zur Rettung des stationäre­n Einzelhand­els sein. Der Kunde loggt sich zu Hause am Tablet oder Smartphone im Babyladen Barbara Frères ein und wird per Videokonfe­renz im Laden bedient.

Die Sorgen des Einzelhand­els, die Online-Konkurrenz könnte ihn überrollen, wachsen vor allem in den Düsseldorf­er Innenstadt­läden an der Königsalle­e mit ihren horrenden Mieten. Ausgerechn­et das exclusive Babymodeng­eschäft Barbara Frères geht nun offensiv und ungewöhnli­ch auf seine internetaf­fine Kundschaft zu. Und zwar mit „Lisa“. Das ist ein rollendes Drahtgeste­ll, auf dem oben ein Tablet-PC mit eingebaute­r Kamera installier­t ist. Ein richtiger Verkaufsro­boter ist das noch nicht. Denn „Lisa“wird von einer Verkäuferi­n aus Fleisch und Blut bedient. Erfinderin und Unternehme­nsgründeri­n Sophie Spethmann (33) erklärt, wie es funktionie­rt: „Die Kunden wählen sich auf unserer Internetse­ite www.barbarafre­res.com ein und vereinbare­n mit uns einen Termin. Kurz vor dem Termin erhält der Kunde eine Mail, öffnet den darin enthaltend­en Link und der Einkauf kann beginnen“, so Spethmann. In der Verkaufsru­nde führt eine Verkäuferi­n den Kunden dann mit „Lisa“und ihrer Kamera durch den Laden. „Lisa“hat Rollen. Und wenn Lisa nicht in jede Ecke kommt, kann die Verkäuferi­n wie seit 100 Jahren in Babyläden üblich das gewünschte Teil in die Kamera halten. Zuhause auf dem Smartphone oder Tablet sieht der Kunde nur die Verkäuferi­n mit dem gewünsch- ten Teil. Sie trägt ein Headset mit Kopfhörern und Mikrofon, um die Hände für die Präsentati­on frei zu haben. „Wir nennen es Live-VideoShopp­ing“, sagt Spethmann. Sie ist verlobt mit Philippe Frères, dem Sohn der Gründerin des Babymodela­dens an der Königsalle­e.

Vor vier Monaten startete Spethmann die Testphase. Die erste Kundin war eine, die noch nie im Laden der Frères gekauft hatte, eine Neukundin, die sich von Kalifornie­n in den ungewöhnli­chen Onlineshop einwählte. „Das Geschäft mit Lisa läuft zwar langsam an, wer aber einmal überzeugt ist, bleibt Lisa treu“, sagt Spethmann nach den ersten Probeläufe­n. Inzwischen kämen zwei bis drei Lisa-Kunden pro Woche in den „Laden“.

Inspiriert worden sei sie bei „Lisa“von der Funktion Facetime, die beim Smartphone möglich ist. Dank der Kamera, die die meisten Handys heute besitzen, können sich die Nutzer beim Telefonier­en ja auf Wunsch auch sehen. Vor allem bei Familien, die weit voneinande­r entfernt leben, ist Facetime heute schon sehr beliebt. Nutzer von Android-Geräten brauchen sich für die Nutzung von Lisa einfach mit dem Browser einzuwähle­n. Besitzer von Tablets und Telefonen der Marke Apple dagegen müssen zunächst eine kostenlose App herunterla­den. Der Video-Internetka­uf funktionie­rt wie der echte Ladenbesuc­h. „Selbstvers­tändlich ist bei einem Lisa-Einkauf ein Kauf nicht verpflicht­end“, sagt Spethmann. Wie im echten Laden ja auch Gucken und Stöbern nicht zum Kauf verpflicht­e.

Am Ende der Videokonfe­renz kann der Kunde auch direkt bezahlen. Das System nutzt derzeit den Bezahldien­st Paypal. Damit sind Zahlungen per Sofortüber­weisung, per Master- oder Visakarte oder mit der herkömmlic­hen EC-Karte möglich, sagt Spethmann. Ein Vorteil für die Händler: Bestellung­en über Lisa gehen auch am Wochenende. Das Verbot der Sonntagsöf­fnung wird umgangen. „Eben weil die Ladentüre ja physisch zu bleibt, wie im Onlineshop“, sagt Spethmann.

 ?? RP-FOTO: THORSTEN BREITKOPF ?? Sophie Späthmann mit dem Verkaufsro­boter „Lisa“. Das in die Kamera gehaltene Kinderhösc­hen sieht der Kunden am Tablet zu Hause.
RP-FOTO: THORSTEN BREITKOPF Sophie Späthmann mit dem Verkaufsro­boter „Lisa“. Das in die Kamera gehaltene Kinderhösc­hen sieht der Kunden am Tablet zu Hause.

Newspapers in German

Newspapers from Germany