Rheinische Post Mettmann

Das höchste Gebot gewinnt

- VON MONIKA HILLEMACHE­R

Das Bieterverf­ahren ist eine Möglichkei­t, Immobilien teuer zu verkaufen, denn großes Interesse treibt den Preis nach oben.

Vor dem Verkauf ihrer Immobilie sind viele Eigentümer unsicher, welchen Preis sie verlangen können. Mit einem Bieterverf­ahren lässt sich das Problem lösen. Das Verfahren funktionie­rt nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage: Je mehr Interessen­ten, desto eher schaukelt sich der Preis hoch. Immobilien­verkäufer geben am Ende demjenigen den Zuschlag, der das meiste Geld bietet. Käufer überschrei­ten im Wettbewerb ums Wunschhaus womöglich ihre finanziell­en Grenzen.

Das Bieterverf­ahren hat weder mit einer Auktion noch einer Zwangsvers­teigerung zu tun. „Es ist ganz klar eine Vermarktun­gsstrategi­e“, erläutert Makler Axel Kloth. Aus seiner Sicht bildet es für Vermittler und Privateige­ntümer eine Alternativ­e zum üblichen Verkaufspr­ozess, um Objekte in guten Lagen teuerer zu vermarkten: „Eine gewisse Nachfrage sollte da sein. Das ist in Hamburg-Eppendorf sicher anders als auf dem Land.“In Deutschlan­d wird das Verfahren aber eher selten genutzt.

Der Ablauf des Bieterverf­ahrens liegt in den Händen des Verkäufers, rechtliche Vorgaben fehlen. In der Regel läuft es wie ein ganz normaler Immobilien­handel: Der Eigentümer oder der von ihm beauftragt­e

Renate Daum (bü) Stellplatz Ein einzelner Eigentümer kann es nicht durchsetze­n, dass in der Tiefgarage der Wohnungsei­gentumsanl­age an seinem Pkw-Stellplatz eine Elektrolad­estation installier­t wird, wenn die Eigentümer­versammlun­g dem nicht zustimmt. Dies nicht einmal dann, wenn er bereit ist, die Kosten für die Herstellun­g einer Stromzulei­tung vom Hausvertei­ler zur Ladestatio­n alleine zu tragen. (LG München I, 36 S 2041/15) Gartenzwer­ge Das Amtsgerich­t Wiesbaden hat es einer Vermittler bieten die Immobilie an. In der Annonce fehlt jedoch eine konkrete Preisangab­e. Stattdesse­n gibt es häufig Formulieru­ngen wie „Preis auf Anfrage“oder „gegen Höchstprei­s“. Meist wird ein Besichtigu­ngstermin angegeben. Danach geben Interessen­ten ein schriftlic­hes Gebot ab, manchmal kann dies auch online passieren.

Es kommt vor, dass Interessen­ten bereits bei der Besichtigu­ng zur Gebotsabga­be aufgeforde­rt werden. „Merkwürdig­keiten“nennt Hartmut Schwarz von der Verbrauche­rzentrale Bremen solche Aufforderu­ngen. Seiner Ansicht nach hat das Verfahren deshalb einen Beigeschma­ck: „Käufer sind unter Druck gesetzt und geben mehr an als sie stemmen können“. Zumindest sollten Interessen­ten Zeit haben, um die Vor- und Nachteile der Immobilie abzuwägen, findet er. Optimal wäre, die Substanz des Hauses mit einem Fachmann zu prüfen. Das sei wichtig, um den angemessen­en Wert einzuschät­zen, argumentie­rt Schwarz. Daran hängt die Kreditzusa­ge der Bank.

Verkäufer sind in der Gestaltung des Bieterverf­ahrens weitgehend frei. „Das kann jeder machen, wie er lustig ist“, erläutert Schwarz. Das bedeutet: Eigentümer entscheide­n nicht nur, wie Gebote abgege- Frau, der ein denkmalges­chütztes Haus zur Hälfte gehört (die andere Hälfte gehört ihrem Bruder), untersagt, auf dem Vordach 40 Gartenzwer­ge zu platzieren. Hier hatte der Bruder die Zwerge abräumen lassen – die Schwester ging gerichtlic­h dagegen an. Sie konnte die „richterlic­he Erlaubnis“zum Aufstellen aber nicht durchsetze­n. Denn die Zwerge stellten eine erhebliche Beeinträch­tigung denkmalges­chützter Gebäude dar, und schädigten deren „historisch­es Erscheinun­gsbild“. (AmG Wiesbaden, 93 C 4622/13) ben werden und wie besichtigt werden kann, sondern auch über den Zuschlag. Bis zum Notartermi­n besteht die Chance, mit mehreren Interessen­ten um den besten Preis zu pokern – auch, wenn die Immobilie bereits einem potenziell­en Käufer versproche­n ist.

„Ein Handschlag zählt nicht. Erst die Unterschri­ft unter den Kaufvertra­g bringt Gewissheit“, beschreibt „Finanztest“Redakteuri­n Renate Daum das Risiko, als Käufer in letzter Minute aus dem Rennen um die gewünschte Immobilie zu fliegen. Und das, obwohl Interessen­ten schon einiges an Zeit und Mühe investiert haben – zum Beispiel für Gespräche mit der Bank, Finanzieru­ngszusagen und Gutachterk­osten.

Diese Unwägbarke­it hält nach Einschätzu­ng von Kloth in Deutschlan­d viele potenziell­e Käufer von der Teilnahme am Bieterverf­ahren ab. Aus Verkäufers­icht hat das Verfahren sowohl Vor- als auch Nachteile. Zu den positiven Aspekten zählt Kloth, dass das Objekt möglichst teuer verkauft werden kann. Außerdem bekommen unsichere Privatverk­äufer ein Gefühl für den Marktwert ihres Hauses.

Für Verkäufer gibt es keine Garantie, dass das Geschäft am Ende reibungslo­s über die Bühne geht. Denn Interessen­ten können ebenfalls noch kurz vor der Unterschri­ft unter den Kaufvertra­g abspringen. Abgegebene Gebote sind nicht bindend. Das Gleiche gilt nämlich auch für Zusagen des Eigentümer­s.

„Erst die Unterschri­ft unter den Kaufvertra­g bringt

Gewissheit“

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„Finanztest“

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