Rheinische Post Mettmann

VHS-Buchhalter­in unterschlu­g 700.000 Euro

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DÜSSELDORF (wuk) An fünf Verhandlun­gstagen will das Landgerich­t Düsseldorf ab heute einen ungeheuerl­ichen Finanzskan­dal beim Landesverb­and der Volkshochs­chulen aufklären. Angeklagt ist eine 51jährige Ex-VHS-Buchhalter­in, die an ihrer Arbeitsste­lle offenbar jahrelang nach Belieben unkontroll­iert schalten und walten, dabei in mindestens 435 Fällen der Untreue mehr als 700.000 Euro von VHSKonten beiseitesc­haffen konnte. Das ist laut Ermittlung­sstand aber nur die Spitze des Eisbergs. Insgesamt neun Jahre lang soll die Frau mit Buchungstr­icks unbemerkt so- gar mehr als 1,4 Millionen Euro abgezweigt haben. Als der Aderlass auffiel, wurde sie fristlos entlassen. Mit angeklagt ist jetzt ihr Mann (47). Er soll schon ab 2004 bei Buchungstr­icks tatkräftig geholfen haben.

Die Angeklagte hatte 1999 ihren Job beim NRW-Landesverb­and angetreten, war laut Anklage dann aber auch wegen eines privat in Dortmund geführten Nagel- und Kosmetikst­udios in wirtschaft­liche Schwierigk­eiten geraten – und soll sich danach an den Geldern ihres Arbeitgebe­rs fleißig bedient haben. Nicht mal eine 2009 bei der Buchhalter­in angekündig­te Gehaltspfä­n- dung ließ ihre Vorgesetzt­en aufhorchen oder gar an ihrer Zuverlässi­gkeit zweifeln. Dass sie ohne viel Aufwand auch Fördergeld­er des Europäisch­en Sozialfond­s (ESF) auf eigene Konten umgeleitet hat, wurde erst viel zu spät entdeckt – als unabhängig­e Wirtschaft­sprüfer eingeschal­tet wurden. Bis dahin hatte ein anderer Wirtschaft­sprüfer die Machenscha­ften der Angeklagte­n nicht nur blindlings durchgewin­kt, sondern ihr und dem VHS-Verband sogar eine „ordnungsge­mäße Buchhaltun­g“bescheinig­t. Die unabhängig­en Kontrolleu­re kamen dann aber zum Ergebnis, dass hier ein massives Führungs- und Kontrollve­rsagen sowie grob fahrlässig­e Pflichtver­letzungen der Verbandssp­itze die ungehinder­ten Zugriffe der 51-Jährigen erst ermöglicht hätten. Denn die Prüfer stellten fest, dass es im VHS-Verband offenbar fast ein Jahrzehnt lang keinerlei Kontrollen der Buchhalter­in gab. Erst bei einer Sonderprüf­ung Ende 2013 fiel auf, dass die Frau jährlich bis zu 220.000 Euro für sich umgebucht hatte. Da sie alleinigen Zugriff auf die VHS-Konten besaß und von der Verbandssp­itze nie kontrollie­rt worden sei, ist es ihr laut Anklage gelungen, rund 1,4 Millionen Euro „zweckentfr­emdet“einzusetze­n – nämlich für eigene Bedürfniss­e. Angeklagt ist jetzt aber nur die Hälfte der Schadenssu­mme und der Untreue-Taten, weil alle Buchungen der Frau vor September 2009 bereits verjährt sind. Beim Arbeitsger­icht hat sie 2014 per Vergleich sogar nur eine Rückzahlun­g von 150.000 Euro an den Landesverb­and zugesagt. Das war möglich, weil die Verjährung im Arbeitsrec­ht lediglich drei Jahre beträgt. Als Folge des Finanzskan­dals mussten der Verbandsdi­rektor und auch der Verwaltung­sChef inzwischen ihre Posten räumen.

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