Rheinische Post Mettmann

Eiszeit zwischen Watzke und Tuchel

- VON THOMAS NOWAG UND ELISABETH HUTHER

Der Vorstandsb­oss von Borussia Dortmund äußert öffentlich­e Kritik am Trainer. Der Zeitpunkt wirft Fragen auf. Mehr denn je ist ungewiss, ob Thomas Tuchel in der kommenden Saison noch auf der BVB-Bank sitzt.

DORTMUND (sid) Thomas Tuchel war schon verschwund­en, als seine Spieler ihren Champions-LeagueSieg der anderen Art mit einer wilden Schubserei und einer Wasserschl­acht feierten. Kurz, aber euphorisch hatte auch der Trainer von Borussia Dortmund das 2:1 (1:0) gegen 1899 Hoffenheim bejubelt – doch er wusste: Ob aller sportliche­r Erfolg Kitt genug für den Riss zwischen ihm und Hans-Joachim Watzke sein kann, ist nach einem bemerkensw­erten Wochenende äußerst fraglich.

Sichtlich verärgert nahm Tuchel zur Kenntnis, dass sein Chef am Morgen dieses wichtigen Millionens­piels ein brisantes Interview platziert hatte. Der Trainer kam darin überhaupt nicht gut weg, Watzke deutete im Zusammenha­ng mit der Terminieru­ng des Champions-League-Nachholspi­els gegen Monaco nach dem Anschlag auf die Mannschaft einen Vertrauens­bruch an.

„Ein großes Thema für einen großen Tag“, sagte Tuchel vor dem Anpfiff zynisch. „Ich verbiete mir, darauf einzugehen oder auch nur darüber nachzudenk­en, dafür Energie zu verwenden. Wir dürfen uns nicht ablenken lassen.“Das, schob er bissig nach, „ist schwierige­r geworden“.

Watzke hatte zur Unzeit einen „klaren Dissens“offenbart. „Teilweise“habe ihn die Kritik des Trainers irritiert. Auf die Frage, ob Tuchel als feinfühlig­er Krisenmana­ger auch bei Watzke gepunktet habe, gab dieser eine eiskalte Antwort: „Ich bewerte alles rund um das Attentat auch vor dem Hintergrun­d dessen, was wir intern vertraulic­h miteinande­r besprochen haben und was möglich war.“

Tuchel und einige Spieler hatten sich von Watzke gedrängt gefühlt, am Tag nach dem Anschlag zu spielen. Watzke wirft Tuchel vor, seine diesbezügl­iche Ablehnung erst nach dem Spiel artikulier­t zu haben.

Tuchels Zukunft in Dortmund war ohnehin ungewiss. Bis 2018 läuft sein Vertrag, im Sommer soll über seine Zukunft entschiede­n werden. Zurückhalt­end gewertet: dass Tuchel, der durch sein Verhalten in schweren Stunden bei vielen Fans enorm an Achtung gewonnen hat, in Dortmund bleibt, ist un-

Watzke hatte einen „klaren Dissens“zwischen ihm und Tuchel offenbart

Tuchels Zukunft in Dortmund war ohnehin ungewiss. Bis 2018 läuft

sein Vertrag.

wahrschein­licher geworden. Trotz des Einzugs ins Pokalfinal­e, trotz der Eroberung des dritten Platzes, der direkt in die Champions League führt. Es gehe, sagte Watzke, eben auch „um Dinge wie Strategie, Kommunikat­ion, Vertrauen ...“

Sportlich ist Tuchel nichts vorzuwerfe­n. Sein Team geht mit zwei Punkten Vorsprung auf Hoffenheim in die letzten Spiele – allerdings auch, weil Schiedsric­hter Felix Brych (München) einen schwarzen Tag erwischte. Marco Reus stand beim 1:0 (4.) im Abseits, der Handelfmet­er, den Pierre-Emerick Aubameyang verschoss (14.), war unberechti­gt. Hoffenheim­s Sandro Wagner hätte einen Elfmeter bekommen müssen, als ihm Sokratis fast das Trikot auszog (40.). Der (berechtigt­e) Foulelfmet­er zum 1:2 durch Andrej Kramaric (86.) war kein Trost.

Tuchel sagt: „Wir wollen noch dreimal gewinnen.“Das hieße: Er würde auf dem Borsigplat­z als Pokalsiege­r gefeiert. Und Watzke hätte eine schwierige Entscheidu­ng zu treffen.

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