Rheinische Post Mettmann

Gladbach im Zwiespalt

- VON KARSTEN KELLERMANN

Borussia sucht weiter die Wahrheit dieser Saison. André Hahns spätes Tor gegen Augsburg erhält die Europa-Hoffnung.

MÖNCHENGLA­DBACH Am Ende war es ganz leicht. Ibrahima Traoré flankte und André Hahn rutschte den Ball in Mittelstür­mermanier ins Tor. Old School nennt man so etwas, oder typisch deutsch vielleicht, ohne hohen ästhetisch­en Wert, aber effektiv. Hahns 1:1 in der vierten Minute der Nachspielz­eit bewahrte Borussia Mönchengla­dbach vor einer Heimnieder­lage gegen den FC Augsburg und sorgte dafür, dass die Hoffnung lebt, eine seltsame Saison doch noch als erneuter Europapoka­l-Teilnehmer zu beenden.

Borussias Trainer Dieter Hecking hatte angemerkt, dass es in der Schlusspha­se der Saison allein um Ergebnisse gehe. So war er froh, dass es wenigstens keine Niederlage gab. Weil die anderen Ergebnisse passen, ist trotz zweier verlorener Heim- punkte nichts Dramatisch­es passiert, gleichwohl wurde ein schöner Schritt nach vorn verpasst. Das Spiel seines Teams jedoch gefiel Hecking überhaupt nicht. Fußballeri­sch geht ohne Feingeiste­r wie Raffael, Thorgan Hazard oder Fabian Johnson, der wie die beiden anderen schon lange fehlt, oft zu wenig. Ohne sie ist das Spiel bodenständ­iger und schwerfäll­iger. Überlegen war Gladbach gegen Augsburg, aber ideenlos. Wer das Spiel als Maßstab nimmt, darf zu dem Urteil kommen: Borussia hat nicht die Qualität für Europa.

Ist das die letzte Wahrheit der Spielzeit, wäre es eine Saison der verpassten Chancen. Das Aus im Europa-LeagueAcht­elfinale nach einer 2:0-Führung im Rückspiel gegen Schalke (2:2), das verlorene HeimDFB-Pokalhalb- finale gegen Frankfurt und nun der verpasste Heimsieg gegen Augsburg. Jonas Hofmann und Patrick Herrmann vergaben gute Chancen, bevor Augsburg in Führung ging. Was folgte, war ein unbeholfen­es Anrennen. Hahns 1:1 lässt Raum für weitere Interpreta­tionsansät­ze. Zum Beispiel: Euro-League-Achtelfina­le plus Pokal-Halbfinale plus Europa-Rang in der Liga gleich gut. Oder: Es ist eine Saison des Übergangs ohne Europa-Qualifikat­ion. Oder: Es ist ein Absturz. Jeder darf es gemäß der eigenen Erwartungs­haltung einord

nen.

Hahns 1:1 könnte indes im Rückblick eines der wichtigste­n Tore der Saison werden. „Rein theoretisc­h ist die Chance auf Europa noch da. Wir sollten aus den nächsten zwei Spielen sechs Punkte holen, dann werden wir sehen, wie es aussieht“, sagte Hahn. Für Europa müssen aber ganz sicher Siege in Wolfsburg und gegen Darmstadt her. Borussia will sich nach Europa kämpfen.

Hahn hatte kein gutes Spiel gemacht, aber eben das Tor, das für nimmermüde Mentalität spricht. „Mit dieser Aktion haben wir gezeigt, dass wir immer an uns glauben“, sagte Hahn. Doch reicht das noch für die sechs nötigen Punkte? Noch ist Borussia im Zwiespalt, was die Wahrheit der Saison angeht. Vielleicht wird die finale Wahrheit erst in der letzten der übrigen 180 Minuten plus Nachspielz­eit offenbar. Es würde zur Saison passen.

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FOTO: DPA André Hahn

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