Rheinische Post Mettmann

Eine Zentrale gegen Jugendkrim­inalität

- VON STEFANI GEILHAUSEN

An der Klosterstr­aße wird derzeit das „Haus des Jugendrech­ts“vorbereite­t. Jugendamt, Polizei und Staatsanwa­ltschaft sollen dort gemeinsam arbeiten. Wann es eröffnet wird, ist noch nicht klar.

Wo früher die Caritas Familien etwa in Erziehungs­fragen beriet, soll das Haus des Jugendrech­ts einziehen. Die Planungen sind schon im Gange, derzeit ermittle die Stadt „gemeinsam mit den Partnern“die Kosten für notwendige Umbauten, teilte eine Sprecherin des städtische­n Jugenddeze­rnenten Burkhard Hintzsche mit. Erst wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, kann der Zeitplan aufgestell­t werden.

Ob die für Ende des Jahres geplante Eröffnung tatsächlic­h dann stattfinde­n kann, ist derzeit offen. Denn nach der Kostenfest­stellung wird auch darüber diskutiert werden, wer die Rechnung am Ende bezahlt. Und da könnte zum Knackpunkt werden, was einerseits den Reiz des Projekts ausmacht: Es gibt viele Beteiligte – mit eigenen Budgets. Das Haus mit Leben füllen sollen nämlich die Stadt, die einen Teil des Jugendamts schickt, die Polizei, deren Jugendkomm­issariat dort einziehen wird, die freien Träger der Jugendgeri­chtshilfe und die Justiz, die den Jugenddeze­rnenten der Staatsanwa­ltschaft schickt.

Bislang lief die Zusammenar­beit vor allem per Telefon und E-Mail, und sie lief, wie der kontinuier­liche Rückgang der Jugendkrim­inalität belegt, nicht schlecht. Doch der Innen- und der Justizmini­ster haben sich nach dem Erfolg des ersten Jugendrech­tshauses in Köln dafür stark gemacht, das Konzept landesweit anzuwenden. Und inzwischen sehen auch in Düsseldorf die Beteiligte­n eine Menge Vorteile im gemeinsame­n Gebäude. Der größte wird das Tempo sein, in dem die Institutio­nen reagieren können.

Die Rollenvert­eilung der künftigen Büro-WG ist klar: Die Polizei bringt die Arbeit ins Haus – wenn ein Kind oder ein Jugendlich­er ins kriminelle Milieu abzurutsch­en droht, sind die Jugendfahn­der die ersten, die davon erfahren. Sie suchen dann in der Regel zuerst auch den Kontakt zu den Eltern. Und wenn sie im Elternhaus auf Probleme stoßen, schalten sie das Jugendamt ein. Bislang geht das über Einschätzu­ngsbericht­e, künftig dann eben auch mal auf dem kurzen Dienstweg. Die Idee: Jugendamt und Polizei behalten ihre Klientel und deren Entwicklun­g so noch besser im Auge, können früh reagieren und überlegen, welche Maßnahmen für einen Fall – für das Kind und seine Familie – geeignet sind. Die verschiede­nen Prävention­sprogramme wie „Kurve kriegen“für straffälli­g gewordene Kinder und „Gelbe Karte“für jugendlich­e Ersttäter werden ebenso im Haus des Jugendrech­ts organisier­t, und auch die Termine für die Fallkonfer­enzen über jugendlich­e Intensivtä­ter werden einfacher zu arrangiere­n sein.

Dass das Projekt sich rechnen wird, kann Hintzsche wissenscha­ftlich belegen. Laut einer Studie der Prognos AG verringert sich durch die konsequent­e Umsetzung der Prävention­sprogramme auch der gesellscha­ftliche Schaden. „Jeder jugendlich­e Intensivtä­ter soll demnach die Gesellscha­ft im Schnitt fast 1,7 Millionen Euro kosten“, sagt Hintzsche. „Das Geld, das wir zum Gegensteue­rn in die Hand nehmen, ist also gut angelegt.“

Die Zahl der Intensivtä­ter – Jugendlich­e zwischen 14 und 18 Jahren, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf Straftaten und darunter mindestens eine Gewalttat begangen haben – ist derzeit mit etwa 70 niedrig wie nie. Sorgen macht der Polizei aber die Intensität der Straftaten. „Die Gewaltbere­itschaft ist hoch, ebenso das Aggression­spotenzial, das sich bei Jugendlich­en oft schon in ihrer Sprache zeigt“, sagt Wolfgang Wierich, Leiter des Jugendkomm­issariats. Empathie sei seltener geworden, und auch die Fähigkeit, Konflikte durch Gespräche zu bereinigen, sei nicht nur den jungen Leuten abhandenge­kommen. „Auch Eltern lösen typische Schulhofau­seinanders­etzungen nicht mehr untereinan­der, sondern schalten gleich die Polizei ein.“

 ?? RP-FOTO: SG ?? Im ehemaligen Caritas-Gebäude an der Klosterstr­aße (rechts mit Balkonen) soll das Haus des Jugendrech­ts entstehen.
RP-FOTO: SG Im ehemaligen Caritas-Gebäude an der Klosterstr­aße (rechts mit Balkonen) soll das Haus des Jugendrech­ts entstehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany