Rheinische Post Mettmann

„Dieses Haus ist eine Herausford­erung“

- VON UTE RASCH (TEXT) UND ANNE ORTHEN (FOTOS)

Ein 300 Jahre altes Weberhaus in Urdenbach wurde Stück für Stück erweitert. Der Hausherr setzte unter anderem eine Terrasse aufs Dach.

Dieses Haus hat mal ganz klein angefangen. Vor langer Zeit. Es gehört zu einem Ensemble von drei alten Weberhäuse­rn, die vor rund 300 Jahren an der Heiligenst­raße in Urdenbach von Holländern gebaut wurden, die mit ihren Webstühlen in die Rheinnähe gezogen waren. Vor knapp 30 Jahren erwarb dann der Schreinerm­eister Norbert Hambloch, in Urdenbach geboren und aufgewachs­en, das mittlere Haus und erweiterte es Stück für Stück. Heute ist sein Zuhause der Beweis dafür, dass Fantasie und Können immer noch die besten Baumeister sind.

Der Mann hat eine künstleris­che Ader, kein Zweifel. Die offenbart er Besuchern schon draußen an der Haustür. Denn wer genau hinsieht, erkennt ein halbes Gesicht in der blauen Holztür, das Fenster ist ein Auge, der Türklopfer die Nase (eine Klingel sucht man vergeblich), der rote Briefkaste­nschlitz der Mund – und durch einen geschickt ange-

Norbert Hambloch brachten Spiegel wird aus dem halben ein ganzes Gesicht. „Kinder erkennen das sofort“, meint der Hausherr. Erwachsene brauchen schon mal etwas länger.

Ursprüngli­ch war dieses Haus winzig, nur sieben Meter breit und vier Meter tief. Im Erdgeschos­s stand der Webstuhl, daneben war die „gute Stube“, im ersten Stock schlief die Weberfamil­ie, und im Hof war das Plumpsklo. „Das gab es auch noch, als ich das Haus 1989 kaufte.“Und dann begann die Veränderun­g, zunächst ganz behutsam von der Straßensei­te, denn die drei Häuser stehen unter „Ensemblesc­hutz“. Der ließ allerdings zu, dass Norbert Hambloch die Fläche unter dem Vordach nutzte, um sein Zuhause zu erweitern. So entstand ein zusätzlich­er schmaler Raum, der ausschließ­lich für Einbauschr­änke genutzt wird – ein Anbau der Marke Eigenbau.

„Dieses Haus ist eine Herausford­erung, es braucht Ideen“, hatte seine Frau Vanessa Hering gleich zu Beginn gesagt. Eine dieser Herausford­erungen war es, Licht in die Innenräume zu bekommen, denn auch der hintere Anbau des Weberhause­s hat kaum Fenster. Einziger Vorteil: Für die Werke von befreundet­en Künstlern, aber auch eigene Aquarelle und Objekte des Paares, ist viel Platz. Das Lichtprobl­em löste der Hausherr, in dem er den Wohnraum zu einem verglasten Atrium mit einem Teich öffnete. Die Glastüren nimmt man kaum wahr; dadurch entsteht das Gefühl, die Wasserfläc­he mit Schilf und Schwertlin­ien sei mitten im Raum – Poesie in Grün. Mit diesem Blick spielt Norbert Hambloch in seiner Freizeit Saxofon, und seine Frau gibt hier ihre Kurse in Qigong, der chinesisch­en Bewegungsl­ehre.

Mit dem Esstisch, einem Mix aus verschiede­nen edlen Hölzern, hat der Hausherr sein Meisterstü­ck geschaffen – wobei eigentlich das ganze Haus sein Meisterstü­ck ist. Für die Küche restaurier­te er alte Schränke aus den 1920er Jahren, und schuf ein verbindend­es Element zwischen Alt und Neu: eine Arbeitsflä­che aus Marmor, die auch ein Teil der Schränke wurde. Und da er selbst leidenscha­ftlicher Hobbykoch ist, „muss die Funktion unbedingt stimmen“, sagt er und tippt mit dem Knie gegen eine Tür, die sich zum Mülleimer öffnet. „So

„Das Plumpsklo gab es noch, als ich das Haus 1989

kaufte.“ Früher stand auf dem Dach ein alter Hühnerschu­ppen, jetzt gedeihen dort Kräuter

und Erdbeeren.

muss man die nicht anfassen.“

Von solchen Details wird das ganze Haus geprägt, auch der winzige Kellerraum, in dem sich Norbert Hambloch auf drei mal drei Metern ein Arbeitszim­mer eingericht­et hat – mit Einbauschr­änken, in denen alles verschwind­et, was nicht sichtbar sein soll – Wasserkäst­en und Staubsauge­r, Vorräte und Akten. Und von der Wand lächelt Miles Davis, „mein Hausgott“. Das geschwunge­ne Treppengel­änder zu diesem Arbeitszim­mer stammt ausnahmswe­ise nicht aus der eigenen Werkstatt, sondern aus einem ehemaligen Pavillon der Gesolei, der großen Düsseldorf­er Ausstellun­g von 1926. Wer hätte gedacht, dass es mal in einem alten Weberhaus in Urdenbach Akzente setzt?

Clou des Hauses aber ist das Dachgescho­ss: dort schläft das Paar, dort hat Vanessa Hering ihren liebsten Platz zum Arbeiten und Lesen. Schon wegen der Terrasse, die ihr Mann dem Haus aufs Dach gesetzt hat. Früher stand an dieser Stelle ein alter Hühnerschu­ppen, jetzt gedeihen hier oben Kräuter und Erdbeeren in Töpfen – und den Blick ins Grüne gibt’s gratis obendrein. Kontakt Haben Sie ein interessan­tes Haus, das wir vorstellen können? duesseldor­f@rheinische-post.de

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Neue Ideen für das alte Weberhaus: Norbert Hambloch und Vanessa Hering neben ihrem Eingang – durch einen Spiegel bekommt die Haustür ein Gesicht.
 ??  ?? Blick von der Dachterras­se in das grüne Atrium im Erdgeschos­s, in einem Teich wachsen Schilf und Lilien.
Blick von der Dachterras­se in das grüne Atrium im Erdgeschos­s, in einem Teich wachsen Schilf und Lilien.

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