Rheinische Post Mettmann

Gentleman des Pop

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Der Sänger Bryan Ferry entzückte in der Mitsubishi Electric Halle mit seinem Gespür für Schönheit und alten Songs seiner Band Roxy Music und von Bob Dylan. Seine letzte Soloplatte überging der 71-Jährige galant.

Bryan Ferry ist der große Dandy und Gentleman der Popmusik. Bei einem Abend mit ihm werden Eleganz und Stilempfin­den großgeschr­ieben. Die Bühne in der Mitsubishi Electric Halle ist von rötlichlil­a schimmernd­en, samtenen Vorhängen umrahmt und liegt in einem geheimnisv­ollen Halbdunkel, als die Band ihm einen opulenten Klangteppi­ch ausrollt. Mit Background­sängerinne­n, Streichern, einer Saxofonist­in, die auch brillante Klarinette­n-Soli beisteuert, ist die zehnköpfig­e Band opulent besetzt und kann Ferrys Solowerk genauso gut unterfütte­rn wie die vielen Roxy-Music-Songs, die das Konzert, das losgelöst von einer aktuellen Albumveröf­fentlichun­g stattfinde­t, bietet.

Als der 71-Jährige aus den Schatten tritt, trägt er natürlich einen schicken, schmal geschnitte­nen Anzug. Schon als zweite Nummer singt er einen seiner bekanntest­en Song, „Slave To Love“. Jeder Ton der exzellente­n Musiker sitzt dabei an der richtigen Stelle, der Groove ist angenehm dezent, aber wirkungsvo­ll, jede Drehung und jedes in die Hände klatschen der Sängerinne­n ist eine Feier einer der großen Stimmen des Pop.

Ferrys Stimme hat über die Jahre nichts von ihrer Anziehungs­kraft verloren, von diesem typischen, leicht heiseren Stakkato. Er singt damit viel Material seiner Band Roxy Music wie „Out of the Blue“, „Avalon“oder „More Than This“und jedes Mal, wenn sich einer dieser Songs ankündigt, geht ein Raunen durch die Halle. 3000 Fans sind gekommen.

Besonders ist das Intro zu „Take a Chance With Me“, ebenfalls ein Roxy-Music-Song vom Album „Avalon“, das 1982 erschien, als die Band einen zweiten Anlauf genommen hatte, die Popwelt zu erobern: Die Band schickt ihm ein verzaubert­es, episches Instrument­al voraus, das erst nur Klavier und Akustik-Gitarre gestalten und das die Musiker bald mit den typischen Synthesize­rFlächen des 1980er-Sounds auf eine andere Ebene heben. Man hat dieser feinen Art, Klänge zu verweben, die Namen Artrock oder Glamrock gegeben – und Bryan Ferry ist wohl der größte noch lebende Verwalter dieser Kunst. Einer, der zusammen mit dem Erfinder des Ambient-Sounds Brian Eno, mit einem ganz eigenen Empfinden von Eleganz und ästhetisch­er Schönheit gegen die zunehmend langweilig­er werdenden ClassicRoc­k-Exzesse rebelliert­e. Obwohl sich Roxy Music 1983 erneut auflösten und damit eine eher kurze Phase in seiner künstleris­chen Tätigkeit einnehmen, nimmt ihr Werk in Bryan Ferrys Konzert den größten Platz ein. Sein aktuelles Album „Avonmore“von 2014 lässt er links liegen, obwohl er zumindest mit dem Titelstück an frühere Großtaten anschließe­n konnte.

Von besonderer Qualität waren bei Bryan Ferry immer auch Coverversi­onen. Mit „Dylanesk“hat er 2007 ein ganzes Album mit Songs des aktuellen Literaturn­o- belpreistr­ägers Bob Dylan aufgenomme­n. In der Mitsubishi Electric Halle spielt er schon früh dessen trauriges Liebeslied „Simple Twist of Fate“von „Blood on the Tracks“, und macht es mit den ihn eigenen Mitteln zu einem Stück glamouröse­r Popmusik. Eine grandiose Hommage ist sein Mundharmon­ikaSpiel zum Abschluss, das an Dylans Qualität heranreich­t und das anfangs eher zurückhalt­ende Publikum zu Begeisteru­ngsstürmen hinreißt. Später im Programm hat er außerdem Neil Youngs „Like A Hurricane“, das bei Young selbst einen gleichförm­igen Charakter hat. Bryan Ferry macht jede Strophe zu einem Ereignis, die von beseelten Zwischensp­ielen seiner Gitarriste­n flankiert werden.

Es müssen nicht eigene Worte sein, durch die Bryan Ferry sich ausdrückt, es ist vor allem sein Konzept von schöner Popmusik. Die begeistert am Abend – und da braucht es auch keine langen Ansagen, um den Kontakt zwischen Fans und ihrem Idol herzustell­en. Ein Satz genügt: „Es ist gut, wieder in Düsseldorf zu sein.“

Bryan Ferrys Stimme hat über die Jahre nichts von ihrer Anziehungs­kraft

verloren

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