Rheinische Post Mettmann

Manchester-Täter hatte Komplizen

- VON JAN DREBES UND GREGOR MAYNTZ

Britische Terror-Ermittler sind sich sicher: Der Selbstmord­attentäter handelte nicht allein. Für den Kirchentag und das DFB-Pokalfinal­e in Berlin verschärfe­n die Behörden das Sicherheit­skonzept.

BERLIN Die Polizei in Manchester geht davon aus, dass hinter dem Selbstmord­attentäter Salman Abedi ein Netzwerk steckt. Das sei „ganz klar“, sagte der Polizeiche­f der Stadt, Ian Hopkins. Zuvor hatten bereits Premiermin­isterin Theresa May und Innenminis­terin Amber Rudd Andeutunge­n in diese Richtung gemacht. Seit dem Anschlag vom späten Montagaben­d hat die Polizei fünf Personen festgenomm­en, darunter einen Bruder des Attentäter­s.

Ein weiterer Bruder und der Vater wurden gestern in der libyschen Hauptstadt Tripolis aufgegriff­en. Der Bruder habe ausgesagt, Salman Abedi sei Mitglied der Terrormili­z IS gewesen, teilten die libyschen Sicherheit­sbehörden mit. Auch er selbst habe Verbindung­en zum IS und sei mit Einzelheit­en des geplanten Anschlags vertraut gewesen. Der IS hatte nach dem Anschlag behauptet, Abedi sei sein „Soldat“gewesen.

Der Täter war vor dem Anschlag wahrschein­lich nach Syrien gereist, wie Frankreich­s Innenminis­ter Gérard Collomb unter Berufung auf britische Ermittler sagte. Bei dem An- schlag nach einem Konzert der Sängerin Ariana Grande waren 22 Menschen getötet worden; 20 Schwerverl­etzte schwebten gestern noch in Lebensgefa­hr. Unter den Toten sind viele Kinder und Jugendlich­e; Deutsche kamen nach Erkenntnis­sen der Bundesregi­erung nicht zu Schaden.

Deutschlan­d wird aber Konsequenz­en aus der Bluttat ziehen – beim Evangelisc­hen Kirchentag und beim DFB-Pokalfinal­e am Wochenende in Berlin. Das Sicherheit­skonzept wurde erweitert, um nach dem Ende von Veranstalt­ungen den „Abstrom der Gäste“, so die Berliner Polizei, besser in den Blick zu nehmen.

In Berlin versucht die Polizei, die rund 100.000 Kirchentag­sbesucher mit zusätzlich­en Absperrung­en durch Betonpolle­r und schwere Einsatzfah­rzeuge zu schützen. Erstmals müssen sich die Teilnehmer auch auf Taschenkon­trollen einstellen. Dies gilt ganz besonders für den Auftritt von Ex-US-Präsident Barack Obama mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel heute vor dem Brandenbur­ger Tor. Am Samstag wird zudem das DFB-Pokalfinal­e zwischen Dortmund und Frankfurt die Polizei beschäftig­en, die mit insge- samt 6000 Beamten präsent sein will. Die Video-Überwachun­g von Breitschei­dplatz und Alexanderp­latz sowie am Brandenbur­ger Tor wurde intensivie­rt. Eine besondere Beobachtun­g gilt gewaltbere­iten Islamisten aus der Region.

„Von Manchester muss das Signal ausgehen, dass den Sicherheit­s- diensten in Europa bekannte hochgefähr­liche Terrorverd­ächtige noch intensiver überwacht werden“, verlangte der Chef der Gewerkscha­ft der Polizei, Oliver Malchow. Mehr Sicherheit gebe es nur mit mehr Überwachun­g der Top-Gefährder. Dafür sei Personal einzustell­en.

Großbritan­nien erhöhte erstmals seit zehn Jahren die Terror-Warnstufe auf „kritisch“. Das bedeutet, dass jederzeit mit weiteren Anschlägen zu rechnen ist. Eine Einführung öffentlich­er Alarmstufe­n auch in Deutschlan­d kann nach Einschätzu­ng des CSU-Innenpolit­ikers Hans-Peter Uhl sinnvoll sein, falls damit konkrete Maßnahmen verbunden werden. Unions-Sicherheit­sexperte Stephan Mayer sagte dagegen, aus einer Herabstufu­ng der Anschlagsw­ahrscheinl­ichkeit könnten Behörden und Bürger falsche Schlüsse ziehen. Die Sicherheit­slage habe sich nach Manchester nicht verändert. Die Grünen-Innenexper­tin Irene Mihalic sagte, ein Alarmstufe­nsystem würde die Bevölkerun­g nur verunsiche­rn. Leitartike­l Politik Kultur

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