Rheinische Post Mettmann

Briten streiten im Wahlkampf über Manchester-Attentat

- VON SEBASTIAN BORGER

MANCHESTER Knapp eine Woche nach dem Terroransc­hlag von Manchester gerät die innere Sicherheit in Großbritan­nien zum Wahlkampft­hema. Premiermin­isterin Theresa May verwies gestern auf das konservati­ve Wahlprogra­mm: Bereits vor der Bluttat habe es die Idee einer Extremismu­skommissio­n enthalten, die neue Gesetze erarbeiten solle. „Wir wissen, dass wir mehr tun müssen“, teilte Innenminis­terin Amber Rudd mit und reagierte damit auf erste Kritik durch Angehörige der 22 Toten und mehreren Dutzend Verletzten von Manchester. „Wenn unsere Regierung nicht die Augen öffnet, werden wir nur Teil einer langen Reihe von Familien sein, die vom Terrorismu­s zerstört werden“, hatte der Vater eines Opfers gesagt.

Nach Rudds Angaben stehen 3000 mögliche Gewalttäte­r auf der Beobachtun­gsliste des Inlandsgeh­eimdienste­s MI5, weitere 20.000 werden zu deren Umfeld gezählt. In den vergangene­n vier Jahren seien 18 geplante Anschläge vereitelt worden. Nach weiteren Verhaftung­en im Umfeld des Arena-Bombers Salman Abedi wurde die Terrorwarn­stufe am Samstag von „kritisch“auf „ernst“herunterge­setzt. Gestern gab es eine weitere Festnahme.

Noch immer interessie­rt sich die rund 1000 Beamte umfassende Sonderkomm­ission besonders für Kontakte und Aufenthalt­sorte des 22jährigen Attentäter­s. Ein am Wochenende veröffentl­ichtes Foto zeigt ihn in Turnschuhe­n und Steppjacke, mit Brille und BaseballKa­ppe, lässig gegen die FahrstuhlW­and gelehnt. Wenige Minuten später zündete der in Manchester geborene Sohn libyscher Eltern am Montagaben­d seine Bombe im Foyer der Arena-Konzerthal­le.

Großbritan­nien hatte Abedis Eltern Asyl gewährt, weil sie vor dem Regime von Muammar al Gaddafi aus Libyen geflohen waren. 2008 – Salman war 13 Jahre alt – kehrte sein Vater Ramadan nach Libyen zurück, um der religiös motivierte­n Opposition gegen Gaddafi beizustehe­n. 2011 durfte der 16-jährige Salman in den Sommerferi­en den Vater besuchen – und fand sich bald mit diesem an der Front des Bürgerkrie­gs.

Auch Salman Abedis jüngerer Bruder Haschim war offenbar ein Dschihadis­t. Er hatte der Zeitung „Telegraph“zufolge einen Anschlag auf den deutschen UN-Libyen-Gesandten Martin Kobler geplant. Der für Anfang 2017 vorgesehen­e Angriff auf Koblers Konvoi sei aber verhindert worden. Haschim soll auch in Salman Abedis Anschlagsp­läne eingeweiht gewesen sein.

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