Briten streiten im Wahlkampf über Manchester-Attentat
MANCHESTER Knapp eine Woche nach dem Terroranschlag von Manchester gerät die innere Sicherheit in Großbritannien zum Wahlkampfthema. Premierministerin Theresa May verwies gestern auf das konservative Wahlprogramm: Bereits vor der Bluttat habe es die Idee einer Extremismuskommission enthalten, die neue Gesetze erarbeiten solle. „Wir wissen, dass wir mehr tun müssen“, teilte Innenministerin Amber Rudd mit und reagierte damit auf erste Kritik durch Angehörige der 22 Toten und mehreren Dutzend Verletzten von Manchester. „Wenn unsere Regierung nicht die Augen öffnet, werden wir nur Teil einer langen Reihe von Familien sein, die vom Terrorismus zerstört werden“, hatte der Vater eines Opfers gesagt.
Nach Rudds Angaben stehen 3000 mögliche Gewalttäter auf der Beobachtungsliste des Inlandsgeheimdienstes MI5, weitere 20.000 werden zu deren Umfeld gezählt. In den vergangenen vier Jahren seien 18 geplante Anschläge vereitelt worden. Nach weiteren Verhaftungen im Umfeld des Arena-Bombers Salman Abedi wurde die Terrorwarnstufe am Samstag von „kritisch“auf „ernst“heruntergesetzt. Gestern gab es eine weitere Festnahme.
Noch immer interessiert sich die rund 1000 Beamte umfassende Sonderkommission besonders für Kontakte und Aufenthaltsorte des 22jährigen Attentäters. Ein am Wochenende veröffentlichtes Foto zeigt ihn in Turnschuhen und Steppjacke, mit Brille und BaseballKappe, lässig gegen die FahrstuhlWand gelehnt. Wenige Minuten später zündete der in Manchester geborene Sohn libyscher Eltern am Montagabend seine Bombe im Foyer der Arena-Konzerthalle.
Großbritannien hatte Abedis Eltern Asyl gewährt, weil sie vor dem Regime von Muammar al Gaddafi aus Libyen geflohen waren. 2008 – Salman war 13 Jahre alt – kehrte sein Vater Ramadan nach Libyen zurück, um der religiös motivierten Opposition gegen Gaddafi beizustehen. 2011 durfte der 16-jährige Salman in den Sommerferien den Vater besuchen – und fand sich bald mit diesem an der Front des Bürgerkriegs.
Auch Salman Abedis jüngerer Bruder Haschim war offenbar ein Dschihadist. Er hatte der Zeitung „Telegraph“zufolge einen Anschlag auf den deutschen UN-Libyen-Gesandten Martin Kobler geplant. Der für Anfang 2017 vorgesehene Angriff auf Koblers Konvoi sei aber verhindert worden. Haschim soll auch in Salman Abedis Anschlagspläne eingeweiht gewesen sein.