Rheinische Post Mettmann

Frankfurt muss Leasingmod­ell fortsetzen

- VON ROBERT PETERS

Leihspiele­r verlassen die Eintracht. Sie lebt aber weiter von dem, was bei den Großen vom Tisch fällt.

BERLIN Deutschlan­ds größte Fußball-Leasingfir­ma muss mal wieder Überstunde­n schieben. Das mit 1:2 und in allen Ehren verlorene Pokalfinal­e hat die wirtschaft­liche Situation bei Eintracht Frankfurt nicht entscheide­nd verbessert. Und weil auch die nächste Saison ohne Teilnahme an einem europäisch­en Wettbewerb gespielt werden muss, ist die Eintracht nicht über Nacht zu einem besonders attraktive­n Ziel für wechselwil­lige Ballartist­en geworden. „Ich will nicht sagen, dass wir wieder bei Null anfangen“, sagte Trainer Niko Kovac, „aber unsere Ansprüche sind deckungsgl­eich mit denen des Vorjahres.“

Da ging es darum, nach dem in letzter Minute in der Relegation ver- miedenen Abstieg schnell eine einigermaß­en konkurrenz­fähige Mannschaft auf die Beine zu stellen. Und das ging so: Sportdirek­tor Fredi Bobic bereiste den Kontinent auf der Suche nach jenen Talenten, deren Dienste sich die großen Klubs vorsichtsh­alber schon mal gesichert hatten, die aber die kühnen Erwartunge­n noch nicht erfülllen konnten und deshalb bei ihren vornehmen Arbeitgebe­rn in der dritten Reihe saßen. Die bekamen einen Leihvertra­g bei der Eintracht.

Der Vorteil dieses Modells: Frankfurt sicherte sich mit überschaub­arem finanziell­en Aufwand entwicklun­gsfähige Spieler, und Kovac bewies, dass er deren Talent zum Blühen bringen kann. Der Nachteil: Viele waren so gut, dass sie nun gleich wieder verabschie­det werden müssen. Ante Rebic, Michael Hector und Jesus Vallejo zählen zu jenen, die im Sommer vermutlich zurückbeor­dert werden – Hector zum FC Chelsea, Rebic zum AC Florenz, Vallejo zu Real Madrid. Diese Klubs sind die großen Spieler auf diesem Spekulatio­nsmarkt, Frankfurt steht in der Verwertung­skette ganz unten. Die Eintracht lebt wohl oder übel von dem, was bei den Großen vom Tisch fällt.

In dieser Saison lebte sie nicht schlecht davon. Das hat im Wesentlich­en damit zu tun, dass Kovac die Wirklichke­it nicht bejammert, sondern annimmt. Und es hat offenbar auch damit zu tun, dass Bobic und seine Scouts sich sehr geschickt in diesem Geschäftsm­odell bewegen. Es ist Sportkapit­alismus in einer ziemlich reinen Form.

Dass dabei gelegentli­ch trotzdem richtige Mannschaft­en herauskomm­en, mit offenkundi­gem Zusammenha­lt und einem hoch entwickelt­en Zielbewuss­tsein, zeigte auch das Finale. „Wenn ich sehe, wo wir herkommen – aus der Relegation – und dass wir nun Dortmund alles abverlangt haben, dann bin ich stolz“, erklärte Kovac ganz ohne falsches Pathos. „Man sieht: Wenn man in eine Richtung läuft, wird vieles einfacher.“Auch der Weg durch den nächsten Umbruch, wollte er damit sagen. Und er versprach: „Wir werden alles tun, im nächsten Jahr wieder weit zu kommen.“Er sah schon wieder sehr tatendurst­ig aus. Seinen Spielern riet er: „Sie sollen heute Abend diese ganze Saison feiern.“Die Fans machten es im Stadion schon mal vor.

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