KULTURTIPPS
Festival Das „Impulse“gehört zu den wichtigsten Theaterfestivals der freien Szene in Deutschland, und nun steht die nächste Ausgabe bevor: Ab 22. Juni wird in Köln, Mülheim an der Ruhr und in Düsseldorf gespielt. Intendant Florian Malzacher will beim Festival die Frage stellen, „was politisches Theater heute sein kann“, kündigte er an. Eröffnet wird das Festival im Depot 2 des Kölner Schauspielhauses – nach Düsseldorf im vergangenen ist Köln dieses Jahr Hauptspielort. Gezeigt wird zum Festivalstart Boris Nikitins Inszenierung von „Hamlet“. Außerdem auf dem vielfältigen Programm: Die Gruppe Monster Trucks kollaboriert für ihre Produktion „Sorry“mit der nigerianischen Tanzkompanie The Footprints, und in der Düsseldorfer Kunsthalle kommt vom 24. Juni bis zum 1. Juli Alexandra Piricis Dauer-Performance „Delicate Instruments of Engagement“zur Aufführung. Karten gibt es ab sofort: www.festivalimpulse.de kl Rock Das Lied muss man sich noch einmal anhören, es ist ja in Wirklichkeit nicht bloß ein Lied, sondern ein ganzer Gedichtzyklus: Es heißt „The Mercy Seat“und stammt von Nick Cave. 1988 ist es erschienen, es steht nun wie ein Denkmal auf der ersten CD der neuen Best-ofSammlung „Lovely Creatures“, die in der Deluxe-Ausgabe drei Platten, eine DVD mit Live-Mitschnitten und Interviews sowie ein Buch umfasst. Und an dieser Deluxe-Ausgabe kommt man ehrlich gesagt gar nicht vorbei, sie ist nämlich kein Aufguss, sondern ein Album aus eigenem Recht.
„Lovely Creatures“ist der Lebensroman des heute 59 Jahre alten Australiers in den Jahren 1984 bis 2014. Er hat die 45 Stücke gemeinsam mit Mick Harvey, dem Kumpel aus seiner Band „The Bad Seeds“kuratiert, und der Anfang spielt noch in Berlin, wo Nick Cave ja einst lebte. Diese Passagen erzählen von einem blassen, dünnen Kerl, der dissonanten Goth-Rock macht. Cave sprach damals mehr, als dass er sang; das Piano machte stets einen besoffenen Eindruck, da ließ sich einer stark vom Cabaret inspirieren. Und die Großtat ist eben jenes fast acht Minuten lange „The Mercy Seat“, das sich mit jedem Vers steigert, immer intensiver Heimatkunde Mit Deutschland hat man es schon gemacht und sogar mit der ganzen Welt; nur noch nicht mit NRW – nämlich die Geschichte des Landes mit einzelnen Objekten zu erzählen, genauer: mit 66. Im neuen Buch finden sich jede Menge Überraschungen, die nicht falsch oder richtig sein können, die aber inspirieren, über Nordrhein-Westfalen in all seinen Facetten nachzudenken. Ein kleiner Überblick mag genügen, um unsere Phantasie in Gang zu setzen. Was der Faustkeil aus Rhede, die fränkische Reiterfibel aus Xanten, die Vedute von Kloster Dalheim, die Landessynagoge Rödingen, die Eisenbahnunterführung in Brühl und Trinkhalle von Emmy Olschewski miteinander zu tun haben, erschließt sich dem, der sich dieser gut geschriebenen und am Ende erhellenden Landesgeschichte eingehender widmet. Wundern ist dabei auch erlaubt über ein Bundesland, das gleichsam voller Wunderlichkeiten zu stecken scheint. Lothar Schröder NRW-Geschichte in 66 Objekten
Das Beste aus der Karriere von Nick Cave
wird, und in einem mächtigen LärmFinale endet. Vielleicht das gewaltigste Stück Musik in dieser Sammlung.
Man kann sehr schön nachvollziehen, wie Nick Cave allmählich zum Autor reifte, wie er die bilderreiche Lyrik hinter sich ließ und Songs in hintergründiger Prosa zu schreiben begann. Er entdeckte den Blues, er dekonstruierte das Genre Americana und setzte es neu zusammen. Die stärkste Phase sind dann sicher die 90er Jahre, als er als düsterer Geschichtenerzähler auftrat – man denke an den großen Hit „Where The Wild Roses Grow“mit Kylie Minogue. In den 2000er Jahren hatte er einen Hänger, vom Album „Dig, Lazarus, Dig!!!“(2008) stammen die schwächsten Beiträge, vielleicht hängt es damit zusammen, dass Blixa Bargeld kurz zuvor die Bad Seeds verlassen hatte. Aber der Abschluss ist dann wieder umwerfend: vier Stücke vom Meistwerk „Push The Sky Away“. Essentielle Sammlung. Philipp Holstein