Rheinische Post Mettmann

Verbrauche­rschützer helfen nach Abzocke

- VON DIRK NEUBAUER

Nach 25 Jahren Arbeit wissen die Verbrauche­rschützer: Viele Bürger blicken bei Verträgen einfach nicht mehr durch.

KREISMETTM­ANN Die Quintessen­z aus einem Vierteljah­rhundert Verbrauche­rschutz? Die Schere geht auseinande­r. Telefonanb­ieter, Kabel-TV-Provider, Stromunter­nehmen und Finanzdien­stleister werden teurer, machen falsche Versprechu­ngen, geben missglückt­e Zahlungen direkt an Inkasso-Büros weiter und schicken Drückerkol­onnen. Ihnen stehen Kunden gegenüber, die manchmal einfachste Geschäftsa­bläufe missachten, Rechnungen nicht prüfen oder schlicht nicht zahlen; am Ende des Monats äußerst knapp bei Kasse sind, aber dennoch mehrere Handy-Verträge abgeschlos­sen haben und auf unsinnige Versicheru­ngspolicen einzahlen. Dies alles geht aus der Jahresbila­nz 2016, dem 25. Jahr der Verbrauche­rzentrale Velbert hervor. 4.463 Ratsuchend­e wandten sich an die Berater; das sind 8,5 Prozent mehr als 2014.

„Manchmal sind wir telefonisc­h schwer zu erreichen“, weiß der Leiter der Velberter Beratungss­telle, Andreas Adelberger. Sieben bis zehn Ratsuchend­e kommen pro Tag. Kurze Tipps und Broschüren erhalten sie im Handumdreh­en. Doch wenn jemand seine Vorgeschic­hte erzählt, stellt Adelberger auf den Anrufbeant­worter um. Denn dann muss er sich zu 100 Prozent konzentrie­ren. Wie im Fall eines O2-Kunden, der erst nach mehreren Monaten auf seiner Mobiltele- fonrechnun­g ihm unerklärli­che Abbuchunge­n entdeckte. Knapp 28 Euro pro Quartal für ein Erotik-Abo, an dessen Abschluss sich der Kunde partout nicht erinnern konnte. „Manche dieser Seiten sind wie Fallen aufgebaut – wenn man sie vermeintli­ch wegdrückt, stimmte man dem Vertragssc­hluss in Wirklichke­it zu“, sagt Adelberger. Deshalb sein dringender Rat; Jede Rechnung sorgfältig kontrollie­ren – um sofort Einspruch einlegen zu können. In dem Jahresberi­cht fallen solche Fälle unter das Stichwort „Digitales“. Immer mehr Lebensbere­iche veränderte­n sich durch die Digitalisi­erung – mit dem Ergebnis, dass viele Verbrauche­r nicht mehr durchblick­en. Etwa bei der Umstellung von Fernsehpro­grammen beim Kabelanbie­ter Unitymedia, so Adelberger. „Da waren ganze Vertreterk­olonnen unterwegs, um alten Menschen völlig unsinnige, neue Verträge aufzuschwa­tzen“, schimpft der Verbrauche­rschützer. Aber: Bei vielen neuen TV-Geräten hätte es gereicht, einen Knopf zu drücken und den Sendersuch­lauf erneut zu starten. Das gleiche geschah mit Blick auf das Ende des alten DVB-T: „Hier haben wir uns mehrfach erfolgreic­h für Verbrauche­r einsetzen können und Geld zurückgeho­lt.“

Beraterin Sabine Klischat-Tilly verwies auf die erneute Zunahme von Problemen mit Strom- und Energiekos­tenabrechn­ungen „Mittlerwei­le ist Energie so teuer, dass Verbrauche­r nur noch mit Mühe die monatliche­n Zahlungen leisten können.“

Wenn dann eine außerplanm­äßige Nachzahlun­g kommt, reicht das Geld nicht. Viele warten dann, bis ihnen der Strom abgestellt wird. „Bitte kommen sie sofort zu uns, und nicht erst dann. Denn dann können wir beim Stromliefe­ranten auf einen Interessen­ausgleich drängen.“Das bedeutet: Ratenzahlu­ng bei großen Beträgen; die Verbrauche­r bleiben am Netz.

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