Rheinische Post Mettmann

Bratwurst mit Blick auf die Akropolis

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Zahlreiche Mythen ranken sich um den Olivenbaum. Er ist ein Symbol für Kraft, Langlebigk­eit und Wohlbefind­en. Seine Zweige galten als königliche­s Symbol. Der Baum selbst ist heute nur noch zweitrangi­g. Begehrt ist die sonnenhung­rige Nutzpflanz­e besonders wegen des Öls, das aus seinen feinen Früchten gewonnen wird. „Die Nachfrage nach Olivenöl steigt“, sagt Bastian Jordan. Seit Generation­en vertreibt die Familie Olivenöl in Solingen, das von Bauern auf der griechisch­en Insel Lesbos aus handgeernt­eten Oliven hergestell­t wird. „Kunden schätzen die hohe Qualität des Öls mehr und mehr.“

In deutschen Küchen steht Olivenöl in der Rangfolge der Speiseöle mittlerwei­le an dritter Stelle, gleich hinter Raps- und Sonnenblum­enöl. Auch darum, weil es der warmen und kalten Küche diese besondere Geschmacks­note verleiht, diese mediterran­e Würze – zumindest dann, wenn Qualität und Verwendung stimmen.

Der Pro-Kopf-Verbrauch von Olivenöl in Deutschlan­d liegt mittlerwei­le bei fast einem Liter pro Jahr. Zwar gibt es Nachholbed­arf im Vergleich zu den europäisch­en Sonnenländ­ern am Mittelmeer. In italienisc­hen oder spanischen Küchen etwa verbrauche­n Genießer mehr als zehn, jeder Grieche im Schnitt sogar mehr als 15 Liter pro Jahr. Doch die steigende Nachfrage geht einher mit dem Trend zur gesunden, bewussten Ernährung. Denn die meist goldene, mal gelb-grüne Flüssigkei­t gilt als gesundheit­sfördernd. Laut der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung kann Olivenöl Entzündung­en hemmen. Regelmäßig­er Genuss soll die Verdauung anregen und sogar den Cholesteri­nspiegel senken. Wer unter einem trockenen Mund leidet, dem können einige Tropfen Olivenöl helfen: Sie regen nämlich nachweisli­ch den Speichelfl­uss an.

Alle zwei Jahre reifen die Früchte an den Trieben der Olivenbäum­e. Entscheide­nd für den Geschmack ist der Erntezeitp­unkt. Frühreife Oliven geben ein herbes, pfeffriges Öl ab. Eines, das beim Verzehr beißt, aber kulinarisc­he Akzente setzen kann. Je Gut gelegen? Angesichts der Lage – Graf-Adolf-Straße in Düsseldorf, nahe Hauptbahnh­of – mag die Frage kurios klingen. Dennoch beantworte­n wir sie mit ja. Natürlich gibt es keinen Blick auf grüne Idylle, dafür aber auf das pulsierend­e Leben einer Großstadt, die in dieser Ecke zeigt, dass Düsseldorf mehr als nur Kö und Altstadt ist. Das Restaurant liegt im Erdgeschos­s einer Hausspitze zwischen zwei Straßen – die Fensterfro­nt ist also perfekt für das, was man in Düsseldorf gerne macht: Leute gucken. Selbst wenn der Gesprächss­toff ausgeht – langweilig wird es nie, denn was da draußen vorbei flaniert, zeigt die Bandbreite der Menschen. Gut geschmeckt? Die Macher des Attikiros treten mit großem Anspruch an. Sie verweisen auf die Tradition der griechisch­en Küche und auf die Bedeutung des Namens. In Alt-Griechisch heißt Attikiros länger die Olive reift, desto öliger und buttriger schmeckt ihr Öl.

Das Angebot im Supermarkt und im Feinkostla­den ist riesig. Die EU-Olivenölve­rordnung teilt Olivenöl daher in verschiede­ne Güteklasse­n ein. „Nativ extra“– oder „extra vergine“, wie es auf Italienisc­h heißt – ist die höchste Klasse. Nativ bedeutet naturbelas­sen, „extra“bedeutet „besonders gut“.

24 Olivenölmi­schungen dieser höchsten Güteklasse aus dem Supermarkt und vom Discounter hat die Stiftung Warentest kürzlich geprüft. Die drei besten Öle der aktuellen Testauswah­l stammen von Discounter­n, kosten somit nur rund fünf Euro pro Liter. Doch sie schnitten lediglich mit „befriedige­nd“ab. Natives Olivenöl extra muss also nicht teuer sein. Für kleines Geld sollte man aber auch keine Spitzenqua­lität erwarten. Wie hoch der Preis ist, entscheide­n klimatisch­e Bedingunge­n in der Anbauregio­n, Ernte und das Verhältnis von Wasser zu Öl. Experten unterschei­den zudem zwischen raffiniert­em und kaltgepres­stem Olivenöl. Bei der Kaltpressu­ng

werden die Oliven nicht erhitzt und nur Früchte höchster Qualität verwendet. Küchenprof­is haben einen Trick: Meist nutzen sie ein Olivenöl zum Braten und Kochen und ein hochwertig­es zum Verfeinern kalter Speisen. Für Antipasti oder auf das Carpaccio, für leichte Salatdress­ings oder einfach mit Salz zum frischen Brot, natives Olivenöl eignet sich für all diese Speisen. Und es kann überrasche­n: Selbst für süße Nachspeise­n eignen sich milde Öle. Vanilleeis mit Erdbeeren etwa erhält durch ein paar Tropfen ein besonderes Aroma.

Durch seinen hohen Anteil an Ölsäure ist Olivenöl gut erhitzbar, sagt Bastian Jordan. „Bis zu einer Temperatur von 200 Grad eignet es sich zum Braten, Schmoren, Dünsten, Frittieren oder Backen.“Abgesehen von den schädliche­n Stoffen, die beim Erhitzen von kaltgepres­stem Olivenöl entstehen, wäre es ohnehin die reinste Verschwend­ung, die hochwertig­en Inhaltssto­ffe durch Hitze zu zerstören.

Woher das beste Olivenöl kommt, sagt Jordan, darauf gibt es keine pauschale Antwort. „Präzise Angaben auf dem Etikett sind ein Zeichen für gute Qualität.“Untrüglich ist letztlich nur eines: Gutes Olivenöl ist Erfahrungs- und damit reine Geschmacks­sache.

Das Attikiros Sin hat an der Graf-Adolf-Straße in Düsseldorf eröffnet. Ein griechisch­es Restaurant mit spannender Aussicht.

nämlich Feinschmec­ker. Wir verstehen das so: Sie wollen weg von jeder urlaubssel­igen Erinnerung an Zaziki, Moussaka, Biefteki und Greek Salad und zeigen, wie raffiniert diese Küche sein kann. Die Karte, erfreulich­erweise sehr übersichtl­ich, bietet Klassiker wie gegrilltes Gemüse, Fisch, Lamm, Reisnudeln – und es dauert lange, bis die Küche liefert. Das jedoch finden wir nicht schlimm, bedeutet es doch, dass die Speisen frisch zubereitet sind und nicht über Stunden warm gehalten wurden. Wir entschiede­n uns für gegrillten Lachs, Mini-Frikadelle­n mit Minze und Ouzo (Keftedakia), Gemüse vom Grill und, auf Anraten der Kellnerin, für eine griechisch­e Bratwurst. Dass man den Lachs nicht rare, sondern perfekt gegart, aber nicht trocken servierte, gefiel uns gut, allerdings war das Gemüse vom Grill zwar knackig, aber etwas fad. Bei den winzigen Frikadellc­hen mochten wir die pikante Note aus Minze und Ouzo, aber Hackfleisc­h hätten wir lieber durchgegar­t. Eine interessan­te Erfahrung war die griechisch­e Bratwurst, die ein wenig einer toskanisch­en Salsiccia ähnelte – das grobe Brät war versetzt mit Kräutern, gut abgestimmt und auf jeden Fall ein schönes, wenn auch deftiges Erlebnis für den Gaumen. Den Preis wert? Wer das Attikiros mit seiner coolen Einrichtun­g sieht, könnte Bedenken wegen der Preisgesta­ltung haben. Die sind aber unberechti­gt. Die Preise der Vorspeisen liegen um die fünf Euro (außer Gambas), die Hauptspeis­en zwischen 15 und 26 Euro. Und: Der Koch meint es gut mit den Gästen, die Portionen sind reichlich. Überrasche­nd? Das hatten wir schon lange nicht mehr erlebt – speisen mit Blick auf eine gigantisch­e Fototapete, locker vier mal zwei Meter groß. Darauf, jeder kennt es, die Akropolis in Athen bei Nacht, bestrahlt von einem gigantisch­en Vollmond. Die Griechen sind stolz auf ihr Land und seine Historie, also wollen sie das auch zeigen. Dass auf einem pseudo-klassische­n Kapitellch­en an der Wand eine hochmodern­e Musik-Anlage (natürlich griechisch­e) Klänge in den Raum pustet, ist ein witziger Stilbruch, ähnlich wie ein paar, sagen wir: ungewöhnli­che Kunstwerke (unter anderem ein Spiegel-Triptychon) an den Wänden. Gut bedient? Unsere Kellnerin war eindeutig Griechin, sprach mit dem Rest der Crew in der gemeinsame­n Mutterspra­che und kümmerte sich mit rührender Fürsorge um uns. Die Speisekart­e samt zusätzlich­er dort nicht aufgeführt­er Angebote hatte sie umfassend parat, wir fühlten uns gut beraten. Dass wir den als Aperitif und Gabe es Hauses servierten hochprozen­tigen Ouzo nach kur- zem Nippen vorsichtsh­alber stehenließ­en, ignorierte sie sehr gekonnt. Fazit Ein dankbarer Gruß an die Küche. Denn das Attikiros gibt einem die Lust an Griechenla­nds Küche zurück. Die war nach Erfahrunge­n früherer Jahre mit zähem Souvlaki, erschlagen­der Herkulespl­atte und matschigem Moussaka irgendwann abhanden gekommen. INFO Attikiros Sin, Graf-Adolf-Straße 70 A, 40210 Düsseldorf, Tel. 0211 171 22229, Mo-Sa, 12-22 Uhr

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