Umstrittenes Gesetz gegen Online-Hetze vor der Sommerpause
Unter Androhung hoher Geldbußen sollen Facebook und Co. dazu gezwungen werden, Hasskommentare zu löschen.
BERLIN Das umstrittene Gesetz gegen Hass und Hetze im Internet soll nach dem Willen von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) noch vor der Sommerpause unter Dach und Fach kommen. „Ich bin dafür, dass wir uns anstrengen sollten, das Gesetz noch bis Ende Juni zu verabschieden“, sagte Kauder unserer Redaktion. „Wir brauchen eine bessere Regulierung.“
Der Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas ( SPD) sieht vor, dass soziale Netzwerke wie Facebook hasserfüllte und hetzerische Inhalte rasch löschen müssen. Wenn Inhalte eindeutig strafbar sind, müssen sie dem Gesetzentwurf zufolge nach spätestens 24 Stunden von der Plattform verschwinden. In komplizierteren Fällen bleiben den Netzwerkbetreibern sieben Tage für die Entscheidung. Der Gesetzentwurf sieht bei Verstößen saftige Bußgelder in einer Höhe von bis zu 50 Millionen Euro vor. Allerdings müssen die Plattform-Betreiber erst tätig werden, wenn es tatsächlich Beschwerden von Nutzern gibt.
Gegen den Gesetzentwurf gibt es Kritik von vielen Seiten: Wirtschaftsverbände, Netzaktivisten, die Opposition und auch Teile der Union wenden sich gegen den Vorstoß aus dem SPD-geführten Justizministerium. Am Wochenende berichtete der „Focus“über ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags im Auftrag eines namentlich nicht genannten Bundestagsabgeordneten. Daraus wird nur indirekt zitiert, dass es ge- gen den Entwurf europarechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken gebe. Eine Sprecherin von Maas verwies darauf, dass der Gesetzentwurf auf Verfassungs- und Europarechtstauglichkeit geprüft werde.
Dass der Gesetzentwurf möglicherweise noch Schwächen enthält und die Regulierung von Hetze im Spannungsfeld zur Meinungsfreiheit steht, ist auch den Befürwortern klar. So sieht der Entwurf selbst die Regelung vor, dass nach drei Jahren eine Bilanz gezogen werden soll, ob und wie das Gesetz wirkt.
Kauder, der den Gesetzentwurf von Anfang an unterstützte, weist die Kritik zurück. „Die Kritik wird den Problemen, vor denen wir stehen, nicht gerecht.“Nach bereits geltender Gesetzeslage seien die Plattformen seit Langem verpflichtet, rechtswidrige Inhalte unverzüglich zu entfernen, wenn sie davon Kenntnis hätten, betonte der Unionsfraktionschef. Die bisherige Löschungspraxis von Hass und Falschmeldungen der Unternehmen nannte Kauder „absolut unbefriedigend“. Betroffene würden bei Face- book und Co keinen Ansprechpartner finden oder es werde mit den Beschwerden der Nutzer nicht richtig umgegangen.
Kauder kündigte noch Änderungen an dem Gesetzentwurf an. So sollten einige Nutzer Auskunft über die Identität von Personen verlangen können, von denen sie angegriffen wurden. Der Unionsfraktionschef fordert zudem, dass es auch für die Beantwortung von Auskunftsersuchen der Polizei oder der Staatsanwaltschaft Fristen geben solle.