Rheinische Post Mettmann

REPUBLIK

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Angela Merkel – eine Verneigung

Wenn die Flüsse aufwärts fließen und die Hasen Jäger schießen und die Mäuse Katzen fressen, dann erst will ich dich vergessen.“So was schrieb man früher in Poesiealbe­n. Ich weiß nicht, ob es in der DDR auch Poesiealbe­n gab und ob Angela Merkel eines hatte. Ich muss jedenfalls an diesen Spruch denken, wenn ich dieser Tage an Merkel denke. Denn die Kanzlerin hat es geschafft, dass politisch gesehen die Flüsse aufwärts fließen. Ihr eigener vor allem. Und das ist nichts weniger als eine Verneigung wert. Wenn jemand als Regierungs­chef einen derart groben Schnitzer gemacht hat, und knapp zwei Jahre später wieder der 40-Prozent-Marke in den Umfragen und einer dritten Wiederwahl im September zustrebt, dann ist das eine tiefe Verneigung wert.

Tun wir kurz das, was das vergesslic­he Wahlvolk in seiner Mehrheit nicht tut: Erinnern wir uns. Angela Merkel öffnete in einem historisch einmaligen Akt die Grenzen und ließ unkontroll­iert Menschen im Millionenm­aßstab ins Land. Dieser von ihr hergestell­te Ausnahmezu­stand dauerte 180 Tage an, wurde von anderen, allen voran einem österreich­ischen Außenminis­ter beendet, der die Grenzen wieder schloss. Seither ist Deutschlan­d ein anderes Land. Politisch und gesellscha­ftlich. Das von manchen prognostiz­ierte Wirtschaft­swunder durch die Zuwanderun­g ist ausgeblieb­en, stattdesse­n haben sich Kriminalit­ät und mörderisch­e Gewalt in markant höhere m Maße eingestell­t. Die Attentatsa­ngst ist keine Phobie, sondern begründet. Köln, Berlin, Ansbach, Freiburg und Würzburg stehen als Chiffren dafür.

Die Versorgung und Unterbring­ung der Migranten kosten Bund, Länder und Kommunen jedes Jahr im Schnitt der Berechnung­en und nach Auswertung der Kosten in 2016 etwa 50 Milliarden Euro. Wolfgang Schäuble, der Finanzmini­ster, hortet jeden Euro an Überschuss, um es für die notwendige und gebotene Hilfe für die zumeist jungen Männer bereit zu halten.

Merkel hat mit ihrem Solo die CDU gespalten, Deutschlan­d gespalten und Europa gespalten. Und dennoch bleibt sie. Das ist eine Meisterlei­stung. Ins Politische übertragen, als würden jetzt die Hasen Jäger schießen. Normalerwe­ise wird man für so einen Fehler ultimativ abgestraft. Nicht so Merkel. Insofern: Es ist hohe Zeit, dieser Kanzlerin allen Respekt zu zollen. So zu irren und zu fehlen und doch zu bleiben, das ist zwar keine Staatskuns­t. Aber allerhöchs­te Machtkunst. Christoph Schwennick­e ist Chefredakt­eur des „Cicero“und schreibt regelmäßig an dieser Stelle im Rahmen einer Kooperatio­n. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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