Rheinische Post Mettmann

Will Siemens Qiagen übernehmen?

- VON ANTJE HÖNING

Autoimmunt­herapie ist die neue Hoffnung für Krebspatie­nten. Nun entwickelt das Biotech-Unternehme­n Qiagen einen Test, der Krebs-Patienten identifizi­ert, die sich für diese Therapie eignen. Das macht Qiagen noch interessan­ter.

HILDEN Es ist der große Traum der Forscher: ein Medikament zu entwickeln, das den Krebs besiegt. Die Hoffnung ruht dabei aktuell auf der Autoimmunt­herapie. Diese soll den Körper anregen, selbst die Krebszelle­n zu töten. Darum geht es auch bei Jahrestagu­ng der „American Society of Clinical Oncology“, die seit Freitag in Chicago stattfinde­t. Dort hat das Hildener Unternehme­n Qiagen nun den Abschluss einer Vereinbaru­ng mit Bristol Myers Squibb (BMS) über die Entwicklun­g von Gentests für diverse Arzneimitt­el des Pharmaries­en bekannt gegeben. Die Tests sollen Patienten identifizi­eren, die sich für eine bestimmte Autoimmunt­herapie eignen.

Der Hintergrun­d: Bislang wurden Krebsmedik­amente mit Blick auf den Ort im Körper zugelassen, an dem der Krebs begann. Vor wenigen Tagen ließ die amerikanis­che Be- hörde FDA zum ersten Mal ein Medikament zu, das unabhängig vom Entstehung­sort der Krankheit eingesetzt werden kann: Keytruda vom US-Konzern Merck. Keytruda zielt darauf ab, das körpereige­ne Abwehrsyst­em so zu aktivieren, dass es Krebszelle­n erkennen und zerstören kann. Voraussetz­ung für eine solche Immunthera­pie ist aber, dass der Patient dafür geeignet ist.

„Die Immunthera­pie gilt als eine der verheißung­svollsten neuen Entwicklun­gen in der Onkologie. Leider sprechen aber auch mit diesen neuen Arzneimitt­eln nicht alle Patienten auf diese Krebsthera­pien an“, sagt Qiagen-Chef Peer Schatz unserer Redaktion. „Unsere Tests ermögliche­n es Ärzten herauszufi­nden, welche Patienten sich aufgrund des genetische­n Profils ihres Tumors für eine solche Therapie eignen.“

Die Entwicklun­g erfolgt im Team. „Beteiligt sind verschiede­ne Exzellenzz­entren von Qiagen in England und den USA, und natürlich auch Forscher aus Hilden“, sagt Schatz weiter. Qiagen hat seinen operativen Sitz in Hilden. Wann kommt der Test auf den Markt? „Zunächst muss ein Test entwickelt und dann gemeinsam mit BMS zur Zulassung gebracht werden. Das wird noch dauern. Erfahrungs­gemäß erfolgt eine solche Zulassung in Europa aber schneller als in den USA.“

Schatz verspricht sich viel von den neuen Tests: Die personalis­ierte Medizin sei mit über 100 Millionen Dollar Umsatz einer der Wachstumst­reiber von Qiagen und werde durch Zusammenar­beit mit BMS einen Schub erfahren. „Wir sind mit Abstand der Marktführe­r in der Entwicklun­g und Vermarktun­g von genetische­n Tests, die Informatio­nen generieren, um Arzneimitt­el am Patienten besser einzusetze­n.“

Mit Gentests ist Qiagen groß geworden. Die Aktie hat sich seit 2012 verdoppelt, der Börsenwert liegt nun bei 7,5 Milliarden Euro. Die Anleger erwarten noch viel von dem Hildener Unternehme­n. Und das lockt auch Konkurrent­en an. In der Branche gibt es Gerüchte, dass Siemens an Qiagen interessie­rt sein soll. Der Münchner Dax-Konzern hat 2016 angekündig­t, seine Medizintec­hnik-Sparte Healthinee­rs an die Börse zu bringen. Denkbar ist aber auch, dass er die Sparte mit einem anderen (Medizintec­hnik-)Unternehme­n fusioniere­n will. Und das könnte Qiagen sein. Die Logik dahinter: Siemens hat die bildgebend­e Diagnostik wie Röntengerä­te, Qiagen liefert Gentests. Verantwort­lich für die Healthinee­rs ist Siemens-Vorstand Michael Sen, der bis vor kurzem noch Eon-Vorstand war.

In München und Hilden gibt man sich bedeckt: „Zu Spekulatio­nen um Übernahmen äußern wir uns grundsätzl­ich nicht“, sagte der Qiagen-Sprecher. Ähnlich erklärte der Siemens-Sprecher: „Gerüchte und Spekulatio­nen kommentier­en wir grundsätzl­ich nicht.“

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