Rheinische Post Mettmann

Lkw-Fahrer soll Joggerin getötet haben

- VON KATHRIN DRINKUTH

Sieben Monate nach dem Mord an einer Joggerin in Endingen bei Freiburg nimmt die Polizei einen Tatverdäch­tigen fest. Die entscheide­nden Hinweise haben DNA-Tests und Mautdaten erbracht. Der Mann könnte ein Serientäte­r sein.

ENDINGEN (dpa) Spur Nummer 4334 ist der entscheide­nde Treffer. Sieben Monate lang hat die Freiburger Polizei im Fall einer ermordeten Joggerin akribisch gesucht, nun hat sie den mutmaßlich­en Täter gefasst. Was man bislang von dem Verdächtig­en weiß: Er ist ein 40 Jahre alter Rumäne, er wohnt und arbeitet in der Region, ist von Beruf Lastwagenf­ahrer. Und der Mord an der Joggerin am 6. November 2016 in Endingen soll nicht sein erstes Verbrechen gewesen sein. Der Mann steht im Verdacht, fast drei Jahre davor schon eine Studentin im österreich­ischen Kufstein missbrauch­t und umgebracht zu haben.

Die Tat in Endingen hatte in der kleinen Stadt am Kaiserstuh­l monatelang Unruhe verbreitet: Die junge Frau war an einem Sonntag allein zum Joggen gegangen, aber nicht mehr zurückgeko­mmen. Ihre Leiche wurde Tage später in einem Wäldchen im Weinberg entdeckt. Vom Mörder fehlte zunächst jede Spur. Für die Ermittler begann mit der Tat eine monatelang­e Suche nach Hinweisen.

Die Datenlage sei zunächst denkbar schlecht gewesen, sagt Richard Kerber, Leiter der Sonderkomm­ission „Erle“, die nach dem kleinen Waldstück benannt wurde, in dem die Leiche gefunden wurde. Zwischen dem Tag der Tat und dem Zeitpunkt des Leichenfun­des habe es stark geregnet, dadurch seien viele Spuren vernichtet worden. Trotzdem sei es gelungen, DNA des Täters am Opfer zu sichern.

Und genau diese genetische Spur bringt den ersten entscheide­nden Hinweis: Ein Datenabgle­ich zeigt Übereinsti­mmungen mit einer Tat in Kufstein. 2014 war dort eine 20 Jahre alte Frau aus Lyon missbrauch­t und mit einer Eisenstang­e erschlagen worden. Ähnlich wie in Endingen habe der Mord an der französisc­hen Austauschs­tudentin die kleine Stadt mit 18.000 Einwohnern nahe der bayrischen Grenze damals in große Aufregung versetzt, sagt der Leiter des Landeskrim­inalamts Tirol, Walter Pupp. „Ein ungeheures Unsicherhe­itsgefühl lastete auf der Bevölkerun­g.“

Die österreich­ischen Polizisten stellen den deutschen Kollegen 50.000 Lkw-Maut-Daten zur Verfügung – nach dem DNA-Treffer im Rückblick der zweite entscheide­nde Schritt für die Ermittler. Die Beamten hätten zunächst die Lastwagen herausgefi­ltert, die zur Tatzeit des Mordes in Kufstein waren und sich dort wegen des Fahrverbot­s am Wochenende auch hätten aufhalten müssen. Zudem habe man ein bestimmtes Fabrikat ausmachen können, dem man die Tatwaffe Eisenstang­e zuordnen konnte, sagt Kerber. Im nächsten Schritt seien Speditione­n angeschrie­ben worden, die in Frage gekommen seien.

In den vergangene­n Tagen schließlic­h gelingt der Durchbruch: „Konkretisi­ert hat sich die Spur zu dem jetzt Festgenomm­enen am Mittwochvo­rmittag“, sagt Kerber. In den Daten, die eine der Speditione­n schickt, stoßen die Ermittler auf den Tatverdäch­tigen. Er hat seinen Wohnsitz und seine Arbeitsste­lle in der Region, zudem sei am 6. November, dem Tattag, sein Handy in der Funkzelle am Tatort eingeloggt gewesen, sagt Kerber. Und: Er besitze ein silbernes Auto des Fabrikats, das nahe dem Tatort gesehen worden war. Die Polizei sucht den Mann auf, nimmt eine Speichelpr­obe.

Am Freitag kommt das Ergebnis: „Es handelt sich um den Spurenlege­r“, sagt Kerber. Der 40-Jährige sei festgenomm­en worden und befinde sich inzwischen in Untersuchu­ngshaft. Allerdings bestreitet er beide Taten. „Ob der Kriminalpo­lizei ein Serienmörd­er ins Netz gegangen ist, müssen die intensiven Ermittlung­en zeigen“, betonte Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU). „Wer zwei Mal so bestialisc­h mordet, dem ist freilich mehr zuzutrauen.“Die DNA-Spuren würden weiter analysiert und mit internatio­nalen Datenbanke­n abgegliche­n, sagte der Leiter der Kriminalte­chnik im Landeskrim­inalamt, Andreas Stenger.

Endingens Bürgermeis­ter HansJoachi­m Schwarz sprach sich für eine erweiterte DNA-Analyse in Kriminalfä­llen aus, um festzustel­len, welche Haar- oder Augenfarbe ein Verdächtig­er haben könne oder aus welcher Weltregion er stamme. Möglicherw­eise hätte man den Kreis der Verdächtig­en dadurch schneller eingrenzen können, sagte er. Das ist technisch möglich, in Deutschlan­d aber nicht erlaubt.

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FOTO: DPA Nach dem Mord an der Joggerin stellten Bewohner des Ortes Endingen bei Freiburg Kerzen und Blumen an den Stadtbrunn­en, um der jungen Frau zu gedenken.

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