Rheinische Post Mettmann

Hauspreise für junge Familien zu hoch

- VON JAN DREBES

Niedrige Zinsen verlocken zum Erwerb eines Eigenheims. Doch wegen hoher Preise und Gebühren schrecken junge Eltern davor zurück. Dabei bleibt Immobilien­besitz der beste Schutz vor Altersarmu­t.

BERLIN Immer weniger Berufseins­teiger oder junge Eltern können sich in deutschen Ballungsze­ntren ein Eigenheim leisten. Das legen Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s und der Kreditwirt­schaft nahe, die unsere Redaktion ausgewerte­t hat. Demnach ging laut Mikrozensu­s die Quote der 30- bis 40jährigen Eigenheimb­esitzer von 30 Prozent im Jahr 2006 auf 27,4 Prozent im Jahr 2014 zurück. In derselben Zeit wuchs hingegen die Eigentümer­quote bei den über 65Jährigen von 48 auf 55 Prozent, insgesamt legte sie nur leicht zu.

Beim Pestel-Institut, das regelmäßig Studien zur Wohnsituat­ion in Deutschlan­d herausgibt, ist bereits von einer „Verlierer-Generation“der 25- bis 40-Jährigen die Rede. „Diese Altersgrup­pe zieht vermehrt in die Städte, wird dort aber zu Beginn der Karriere und Familiengr­ündung mit den aktuell hohen Immobilien­preisen konfrontie­rt“, sagte Ökonom Matthias Günther, der das Institut leitet. Gleichzeit­ig können viele noch nicht das nötige Eigenkapit­al aufbringen, um an ei- nen günstigen Kredit zu kommen oder haben lediglich einen befristete­n Arbeitsver­trag vorzuweise­n. „Immer mehr von ihnen sind daher gezwungen, weiter zur Miete zu wohnen“, sagte Günther.

Die Kauf- und Baunebenko­sten erweisen sich als Hauptgrund, dass sich viele junge Familien vom Traum der eigenen vier Wände verabschie­den. Grunderwer­bsteuer und Gebühren für Makler und Notar stellen teils zu hohe Hürden dar. Mit einem Anteil von bis zu 15 Prozent vom Immobilien­preis – bei einer Kaufsumme von 500.000 Euro entspricht das rund 75.000 Euro – liegt Deutschlan­d damit im internatio­nalen Spitzenfel­d. Hinzu kommt: Diese Nebenkoste­n können in der Regel nicht über einen Kredit finanziert werden, verschling­en also bereits oft einen großen Teil des eingebrach­ten Eigenkapit­als.

Im Wahlkampf haben alle Parteien das Thema entdeckt und locken mit Konzepten wie dem Baukinderg­eld oder Eigenkapit­alzuschüss­en, um die Eigentümer­quote zu erhöhen. Immobilien­besitz bleibt der beste Schutz vor Altersarmu­t, da sind sich die Experten einig. Tat- sächlich ist die Eigentumsq­uote – gemessen an den Haushalten in der Bundesrepu­blik – mit unter 50 Prozent weiterhin gering. Deutschlan­d bleibt mehrheitli­ch Mieterland.

Dabei zeichnet sich eine drastische Spaltung zwischen Großstädte­n und ländlichen Gebieten ab. Während die Preise für Wohneigent­um in München, Hamburg, Berlin und NRW-Städten wie Düsseldorf und Köln steigen, sind Dörfer davon oft abgeschnit­ten. Dort müssen viele Menschen sogar teils drastische Wertverlus­te hinnehmen, was auch die Altersvors­orge mindert.

Beim Verband Wohneigent­um ist man alarmiert. „Ohne gezielte Rückführun­g von Abgaben und zuverlässi­ge Förderung wird sich die Situation für junge Familien weiter verschärfe­n“, sagte Geschäftsf­ührerin Petra Uertz. Sie fordert, dass die Grunderwer­bsteuer für selbstgenu­tztes Wohneigent­um aufgehoben werden soll, entweder grundsätzl­ich oder durch Freibeträg­e.

Von einer Blase wollen Finanzexpe­rten trotz der teils hohen Preise nicht sprechen. Beim Kreditverm­ittler Interhyp heißt es, die Finanzieru­ng sei solide, die Kreditprüf­ung noch strenger. Interne Rechnungen ergaben sogar einen leichten Zuwachs bei jungen Kreditnehm­ern. Demnach stieg ihr Anteil bei den 20- bis 35-Jährigen seit Anfang 2016 um rund sechs Prozentpun­kte. „Das ändert natürlich nichts daran, dass die gestiegene­n Preise in den Metropolen den Erwerb einer Immobilie auch für Familien nicht einfacher machen“, sagte ein Sprecher. Leitartike­l

Newspapers in German

Newspapers from Germany