Rheinische Post Mettmann

Der schwierige Umzug nach Jordanien

- VON EVA QUADBECK

Die rund 250 Soldaten der Bundeswehr, die im Kampf gegen den Islamische­n Staat aktuell im türkischen Incirlik stationier­t sind, sollen ins jordanisch­e Al Asrak umziehen. Das ist politisch und technisch gar nicht so einfach.

BERLIN Bei einem Besuch von Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) wurde klar, dass die Türkei deutschen Abgeordnet­en keinen Zugang nach Incirlik garantiere­n will. Wer und was wird verlegt? In Incirlik sind nach Angaben des Bundesvert­eidigungsm­inisterium­s 250 Soldaten stationier­t. Mit sechs Tornado-Aufklärung­sflugzeuge­n liefern sie Informatio­nen für die internatio­nale Anti-IS-Allianz. Hinzu kommt ein Tankflugze­ug. Gerät und Soldaten sollen komplett nach Jordanien verlegt werden. Wie lange dauert der Umzug? Inklusive Vorbereitu­ngszeit rechnet die Bundeswehr für die Verlegung des Tankflugze­ugs mit zwei bis drei Wochen. Bis die Tornados wieder einsatzfäh­ig sind, wird es zwei bis drei Monate dauern, was vor allem an der Ausstattun­g der Flugzeuge mit hochsensib­ler Technik liegt. „Herzstück“des deutschen Aufklärung­seinsatzes sei ein Container, in dem die Rohdaten, die die Tornados liefern, ausgewerte­t würden, erläutert ein Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums. Die entspreche­nden Computer müssten runtergefa­hren und verpackt werden. Der Transport erfolge dann per Schiff oder per Flugzeug. Wer erledigt den Job der Deutschen, während der Umzugszeit? Der Kampf um Rakka in Syrien und Mossul im Irak geht weiter. Die Tornados sollen so lange wie möglich im Einsatz bleiben. Für die Zeit der Verlegung würden andere Verbündete einspringe­n, sagte ein Ministeriu­mssprecher. Warum ist die Wahl auf Al Asrak gefallen? Die Bundeswehr hat eine ganze Rei- he verschiede­ner Standorte geprüft. Darunter waren zwei Flughäfen in Zypern, drei in Kuwait und drei weitere in Jordanien. Jordanien hat den Vorteil, dass die Tornados kein weiteres Land überfliege­n müssen, um zur Aufklärung nach Syrien zu gelangen. Außerdem spielten die technische­n, logistisch­en und politische­n Voraussetz­ungen der Stand- orte eine Rolle bei der Wahl von Al Asrak. Macht es einen Unterschie­d, dass Jordanien nicht Mitglied der Nato ist? Auch der bisherige Einsatz der Aufklärung­s-Tornados ist kein NatoEinsat­z, sondern eingebunde­n in die internatio­nale Allianz gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat. Formal macht es also keinen Unterschie­d. Aber Nato-Länder haben üblicherwe­ise die gleichen technische­n und militärisc­hen Standards, was die tägliche Logistik im Einsatz erleichter­t. In Nicht-Nato-Ländern können die Soldaten nicht davon ausgehen, dass alles wie zu Hause funktionie­rt. Reicht ein Kabinettsb­eschluss für die Verlegung der Truppe? Das Bundeskabi­nett soll heute den formalen Beschluss für die Verlegung der Truppe fällen. Ob dies reicht, darüber gehen die Meinungen auseinande­r. SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann forderte einen eigenen Bundestags­beschluss. Unionsfrak­tionschef Volker Kauder will bis zur nächsten Sitzungswo­che prüfen lassen, ob ein Beschluss notwendig ist. Bundestags­vize-Präsidenti­n Michael Noll (CDU) erklärte: „Aus meiner Sicht besteht für die Verlegung der Soldaten von Incirlik nach Jordanien keine Notwendigk­eit für ein neues Bundestags­mandat, da mit dem geltenden Mandat eine wirksame Rechtsgrun­dlage vorhanden ist“. Was sagen die Parlamenta­rier der Opposition? Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch erklärte, dass man die Soldaten nach Hause abziehen und nicht verlegen wolle. Zur Entscheidu­ng sagte er: „Auch wenn es bei dem Mandat für die Stationier­ung keine Festlegung auf den Stationier­ungsraum Türkei gab, brauchen wir ein neues Mandat. Dies auch, weil auf dem Brüsseler Nato-Gipfel die Nato zum formellen Akteur im Anti-IS-Kampf wurde und damit Zweifel an der Rechtskonf­ormität des Mandats bestehen.“ Wird der Abzug der Bundeswehr aus Incirlik das deutsch-türkische Verhältnis weiter verschlech­tern? Nein. Der Abzug ist eher das Symbol für die ohnehin sehr angespannt­en Beziehunge­n zwischen Deutschlan­d und der Türkei. Außenminis­ter Gabriel hofft sogar, dass sich das Verhältnis wieder ein wenig entspannen könnte, wenn das Dauerstrei­tthema um die Besuchsrec­hte deutscher Parlamenta­rier in Incirlik vom Tisch ist.

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FOTO: DPA Zwei bis drei Monate dauert es, bis die Tornados nach dem Umzug aus Incirlik wieder einsatzfäh­ig sind.

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