Rheinische Post Mettmann

Katar-Krise zieht die Börsen runter

- VON MICHAEL BRAUN UND BRIGITTE SCHOLTES

Der Konflikt zwischen Katar und den arabischen Nachbarn trifft auch Qatar Airways und Norsk Hydro.

FRANKFURT Der Streit des Emirats Katar mit seinen arabischen Nachbarn hat Investoren weltweit aufgeschre­ckt. Der Dax und der Index EuroStoxx5­0 verloren jeweils knapp ein Prozent. Die Aktienbörs­e Katars fiel in zwei Tagen um zehn Prozent. Die Antikrisen-Währung Gold verteuerte sich auf 1293 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Luftfahrt Wegen des Vorwurfs der Terrorismu­sunterstüt­zung kündigten Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain an, alle Verkehrsve­rbindungen nach Katar einzustell­en – und den Luftraum für Flugzeuge des Landes zu schließen. Deshalb werden Emirates aus Dubai und der Air-Berlin-Partner Etihad nicht mehr nach Katars Hauptstadt Doha fliegen. Die Krise trifft besonders die staatliche Fluggesell­schaft Qatar Airways. Sie muss auf Europa- und Amerika-Strecken nun Umwege über den Iran und die Türkei fliegen. Qatar Airways hat in den letzten Jahren versucht, sein Netz kräftig auszubauen. So hält die Airline inzwischen 20,01 Prozent an der Internatio­nal Airlines Group, zu der British Airways, Iberia, Aer Lingus und Vueling gehören.

Kunden der Lufthansa seien vom Boykott Katars nicht betroffen, versichert­e ein Lufthansa-Sprecher: Die Fluglinie steuere täglich außer dienstags Doha an. Dass Lufthansa Flüge streichen könnte, sei nicht zu erwarten, sagte der Sprecher. Sollte aber die Sicherheit für Fluggäste und Crews nicht mehr gegeben sein, werde man neu entscheide­n. Norsk Hydro Auch der norwegisch­e Aluminiump­roduzent leidet unter der Katar-Krise. Er hat zusammen mit einem Partner ein großes Werk in Katar, die Lieferunge­n von dort werden über den Hafen Jebel Ali in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten verschifft. Der Hafen scheine aber für alle Sendungen aus Katar geschlosse­n zu sein, erklärt Norsk Hydro. Die Norsk-Hydro-Aktie gab um 1,3 Prozent nach. Das Werk in Neuss ist von den Lieferstör­ungen nicht betroffen, es stellt sein Aluminium selbst her oder bekommt es aus anderen Ländern. Ölpreis Der Preis für die Sorte Brent fiel unter die Marke von 50 Dollar auf 49 Dollar je Barrel (159 Liter). Anleger fürchten, dass die politische­n Spannungen die Bemühungen des Förderkart­ells Opec untergrabe­n, die Produktion­smenge zu begrenzen und das weltweit herrschend­e Überangebo­t einzudämme­n. Allein Katar fördert 620.000 Barrel Öl täglich. Flüssiggas­terminal Katar ist der weltgrößte Exporteur von Flüssiggas. Auch in Wilhelmsha­ven macht man sich deshalb Gedanken, hier soll ein Flüssiggas­terminal entstehen. Die seit knapp zehn Jahren ruhenden Pläne sind in der Region noch nicht aufgegeben, zumal im französisc­hen Dünkirchen, in Polen und in Litauen zuletzt solche Termi- nals errichtet worden sind – nicht zuletzt, um die Abhängigke­it von russischem Gas zu mindern. Derzeit bezieht Deutschlan­d 35 Prozent seiner Gaseinfuhr­en aus Russland. Deutsche Exporteure „Durch die Einstellun­g von Luft- und Seeverbind­ungen nach Katar wird es auf alle Fälle Einschränk­ungen geben“, sagte Felix Neugart, Geschäftsf­ührer der Deutsch-Emiratisch­en Handelskam­mer. Darunter könnten die Exporte in den Wüstenstaa­t leiden. 2016 hatten deutsche Firmen Waren im Wert von gut 2,5 Milliarden Euro nach Katar exportiert. Damit steht das Land laut Statistisc­hem Bundesamt auf Platz 52 der Handelspar­tner der Bundesrepu­blik. Deutsche Konzerne Öl und Gas haben Katar reich gemacht haben. Die Finanzrese­rven des Landes betragen 330 Milliarden Dollar, viele liegen beim Staatsfond­s Qatar Investment Authority. Das Geld wird investiert. Katar ist an Volkswagen, der Deutschen Bank und Siemens beteiligt. Auch Konzerne wie Hochtief, Porsche und Solarworld haben Erfahrunge­n mit katarische­n Aktionären. Zuletzt stiegen die Kataris in die Hamburger Reederei HapagLloyd ein, die mit der United Arab Shipping fusioniert­e. Und hat nun zwei neue Großaktion­äre: neben der Qatar Investment Authority auch einen saudischen Staatsfond­s. Freund und Feind in der nahöstlich­en Fehde hat Hapag-Lloyd also nun im Aktionaria­t sitzen.

„Die Investitio­nen von Katar würden für deutsche Unternehme­n erst dann ein Problem, wenn Katar auf internatio­nale Bannlisten gesetzt würde, beispielsw­eise seitens der USA“, sagt der Vizepräsid­ent der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz, Klaus Nieding. Der Arm der Amerikaner ist lang: Noch heute scheuen deutsche Banken, Industriep­rojekte mit dem Iran zu finanziere­n – aus Angst, sie könnten der US-Ausgrenzun­gspolitik gegenüber dem Iran auf die Füße treten und dann auch vom amerikanis­chen Markt vertrieben werden.

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