Rheinische Post Mettmann

Spätes Remis für die Debütanten

- VON PATRICK SCHERER

Das deutsche Perspektiv­team erreicht in Dänemark ein 1:1. Für Bundestrai­ner Joachim Löw ist es der Start in das Projekt Confed Cup in Russland, von dem er sich nach eigener Aussage selbst etwas überrasche­n lassen will.

KOPENHAGEN Eigentlich will Trainer Richard Möller-Nielsen den Sommer 1992 nutzen, um in seinem Heim in Dänemark eine neue Küche einzubauen. Doch dann schließt die Europäisch­e Fußball-Union Jugoslawie­n wegen des dort tobenden Krieges von der Europameis­terschaft aus. Und plötzlich rücken Möller-Nielsen und seine dänische Elf zwei Wochen vor Beginn des Turniers in Schweden spontan ins Teilnehmer­feld nach. So nimmt eine der schönsten Außenseite­rgeschicht­en im Fußball ihren Lauf. Mythen ranken sich um den Titelgewin­n von „Danish Dynamite“.

Die deutsche Defensive hatte gleich mehrmals Probleme mit dem dänischen

Pressing.

Vom Strand weg sollen Spieler zur Europameis­terschaft beordert worden sein, und vor dem Halbfinale soll eine McDonalds-Filiale in Göteborg abgesperrt worden sein, um den dänischen Spielern ihren Wunsch nach einem Burger zu erfüllen. Joachim Löw weiß nicht mehr, wo er Ende Juni 1992 die 0:2Niederlag­e der Deutschen im Finale verfolgt hat. Gestern war Löw aber mittendrin beim Jubiläumss­piel in Kopenhagen – 25 Jahre nach dem dänischen Triumphzug. Anders als Berti Vogts musste sich der amtierende Bundestrai­ner Nielsens Nachfolger Age Hareide nicht geschlagen geben. Am Ende hieß es 1:1. Dabei debütierte­n gleich sechs Spieler im Dress mit dem Adler auf der Brust.

Für Löw war es der Start in durchaus spannende vier Wochen, von denen er sich nach eigener Aussage selbst etwas überrasche­n lassen will. Mit einem Perspektiv­kader geht der Deutsche Fußball-Bund das Projekt Confed-Cup in Russland (17. Juni bis 2. Juli) an. Im BröndbySta­dion stand neben Torhüter Kevin Trapp und Stürmer Sandro Wagner auch der Kapitän von Borussia Mönchengla­dbach, Lars Stindl, in der deutschen Startelf. Der 28-Jährige hatte es indes schwer, sich in Szene zu setzen. Es bot sich von Beginn an das zu erwartende Bild einer deutschen Mannschaft, die nach harmonisch­en Abläufen suchte, sie aber selten fand. Kapitän Julian Draxler versuchte das Angriffssp­iel zu ordnen, verlagerte das Spiel häufig auf Außen, sobald sich keine Lücke in der dicht gestaffelt­en dänischen Abwehr fand. Die Flanken des Kölners Jonas Hector oder des Münchners Joshua Kimmich fanden aber keinen deutschen Kopf.

So spielte die Löw-Elf – wie schon häufiger in jüngerer Vergangenh­eit – um den gegnerisch­en Strafraum herum. Das Ergebnis sah so aus: viel Ballbesitz, wenig Torchancen. Die größte im ersten Durchgang hatte Leon Goretzka. Sein dritter Torschuss (32.) hatte endlich die nötige Wucht und Präzision, um Frederik Ronnow im dänischen Tor richtig zu fordern.

Zu diesem Zeitpunkt lag die deutsche Elf bereits mit 0:1 zurück. Im gelernten Selbstvers­tändnis, alle Situatione­n spielerisc­h lösen zu können, vertändelt­e Antonio Rüdiger als letzter Mann den Ball. Christian Eriksen demonstrie­rte seine exzellente Schusstech­nik und verwandelt­e direkt zur Führung (18.). Trapp hatte keine Chance zur Abwehr. Ohnehin hatte die deutsche Defensive mehrmals Probleme mit dem dänischen Pressing. Zudem stellte der flinke Martin Braithwait­e Kimmich und vor allem Bayern-Neuling Niklas Süle in Laufduelle­n vor große Probleme.

Nach dem Seitenwech­sel begann die Zeit der Torwartref­lexe. Erst rettete Trapp gegen Leipzig-Stürmer Yussuf Poulsen, kurz darauf parierte Ronnow gegen Süle und vor allem Matthias Ginter hervorrage­nd. Auch die eingewechs­elten Debütanten Amin Younes und Kerem Demirbay vermochten es nicht, neuen Schwung ins deutsche Spiel zu bringen. Der Ausgleich fiel trotzdem noch: Kimmich erzielte ihn in Minute 88 per sehenswert­em Fallrückzi­eher.

Die dänischen Fans feierten aber auch so – ihr aktuelles Team wie die anwesenden Titelträge­r von 1992. Die nächste Bewährungs­probe für den deutschen Kader steht am Samstag (20.45 Uhr/ RTL) an. In Nürnberg geht es in der WM-Qualifikat­ion gegen San Marino.

 ?? FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA ?? Eine deutsche Startelf, wie es sie in dieser Zusammense­tzung nie wieder geben dürfte (hinten v.l.): Lars Stindl, Torwart Kevin Trapp, Antonio Rüdiger, Niklas Süle, Sandro Wagner, Matthias Ginter, (vorne v.l.) Sebastian Rudy, Kapitän Julian Draxler,...
FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Eine deutsche Startelf, wie es sie in dieser Zusammense­tzung nie wieder geben dürfte (hinten v.l.): Lars Stindl, Torwart Kevin Trapp, Antonio Rüdiger, Niklas Süle, Sandro Wagner, Matthias Ginter, (vorne v.l.) Sebastian Rudy, Kapitän Julian Draxler,...

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