Rheinische Post Mettmann

Neue Liebe

- VON GIANNI COSTA

Nach dem Rosenkrieg mit Thomas Tuchel soll Trainer Peter Bosz dem BVB nun die Harmonie zurückbrin­gen.

DORTMUND Der neue Hoffnungst­räger des Ballspielv­ereins von 1909 betritt um 15.15 Uhr die Bühne. Peter Bosz steht auf dem Podium und lächelt. Rechts neben ihm HansJoachi­m, genannt Aki, Watzke, der Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung, links neben ihm Michael Zorc, der Sportdirek­tor – und auch die beiden stehen und grinsen, als gäbe es kein Morgen mehr. Man ist mit sich sehr zufrieden. Schließlic­h soll endlich auch wieder „Echte Liebe“drin sein, wo es draufsteht. „Wir haben schon nach den ersten Gesprächen das Gefühl gehabt, dass die Chemie stimmt“, sagt Watzke. „Man hat für nichts im Leben eine Garantie. Aber der Michael und ich machen den Job ja jetzt schon ein paar Jahre, und wir glauben, dass die Wahrschein­lichkeit groß ist, dass es klappt.“

Natürlich sind nun alle eifrig damit bemüht, kundzutun, dass es eigentlich keine Alternativ­e zur Verpflicht­ung von Peter Bosz gegeben hat. Schließlic­h passe er nahezu ideal zum Anforderun­gsprofil. Die Rede ist von „frischem Offensivfu­ßball“, der „attraktiv“sein soll. Der Gegner wird „attackiert“, es soll „eine ausgeprägt­e Struktur im eigenen Ballbesitz zu sehen sein“, und das „Gegenpress­ing“darf natürlich nicht zu kurz kommen.

Im Klartext: Bosz soll das Beste aus der Zeit von Jürgen Klopp und Thomas Tuchel verbinden und weiterentw­ickeln. Dazu auch noch selbst mit einem großartige­n Charakter aufwarten. „Ich bin stolz, dass ich für so einen großen Verein arbeiten darf. Der BVB gehört zu den zehn größten Klubs in Europa – eine junge Mannschaft, die Gelbe Wand, das ist legendär. Ich freue mich darauf“, sagt Bosz. Natürlich wird großzügig unterschla­gen, dass den Niederländ­er, der 1998 in der Endphase seiner aktiven Laufbahn kurz in Rostock unter Vertrag stand, in Wahrheit bis vor wenigen Wo- chen nur ein sehr exklusiver Kreis in Deutschlan­d auf dem Zettel hatte. Erst durch die Spiele gegen den FC Schalke im Halbfinale der Europa League hat sich das geändert.

Bosz, dessen Mannschaft im Finale gegen Manchester United unterlag, war nicht der Wunschkand­idat auf die Nachfolge von Tuchel. Lucien Favre (59) war auserkoren. Doch der ehemalige Gladbacher Coach erhielt keine Freigabe von OGC Nizza. Selbst eine Ablöse von fünf bis zehn Millionen Euro ließ die Franzosen nicht ins Wanken geraten. Favres Berater Reza Fazeli brachte schließlic­h einen anderen Klienten ins Gespräch: Peter Bosz.

Der 53-Jährige besaß zwar ebenfalls noch einen Arbeitsver­trag. Doch schon seit einer Weile soll es bei Ajax hinter den Kulissen gewaltig rumort haben. Die Rede ist von Streitigke­iten über die Ausrichtun­g des Vereins. Darüber will Bosz aber lieber nicht mehr sprechen. „Ich gucke jetzt nur noch nach vorne.“Der Widerstand von Amsterdam war jedenfalls nicht sonderlich ausgeprägt, als die Anfrage der Westfalen kam. Oder wie Watzke sagt: „Ajax hat sich sehr kooperativ gezeigt.“Um den Trennungss­chmerz erträg- lich zu halten, sollen drei Millionen Euro als Ablöse geflossen sein.

Bosz unterschri­eb einen Zweijahres­vertrag. Die Aktien des Bundesligi­sten kletterten um bis zu 2,1 Prozentpun­kte auf 6,38 Euro und erreichten den höchsten Stand seit mehr als 15 Jahren. Der Streit mit Tuchel hat den BVB empfindlic­h getroffen. Tuchel sah sich von seinen Vorgesetzt­en falsch dargestell­t, die Führungseb­ene fühlte sich vom 43Jährigen vorgeführt. Selbst der sportliche Erfolg konnte nicht mehr die entstanden­en Risse verdecken. Mit Bosz soll vieles wieder anders werden. Man merkt Watzke an, dass er eigentlich noch nicht bereit ist für eine neue Beziehung. Doch ein neuer Trainer wurde nun mal jetzt gebraucht. Also nun der neue Versuch.

Nach einer Weile taut Watzke auf. Als Bosz gefragt wird, wie er seinen Namen ausspricht, grätscht Watzke dazwischen und versucht sich in seiner Interpreta­tion. Gelächter. Der Trainer versucht es ebenfalls mit einem Kalauer und sagt: „Ich sage Peter zu mir.“Wieder sind alle nahezu frenetisch ob dieser Lockerheit. Schließlic­h folgt auch noch die Aufklärung: „Es wird Bosch ausgesproc­hen und nicht Boss.“

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FOTO: DPA Peter Bosz

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