Rheinische Post Mettmann

Heisters meisterlic­her Schweden-Trick

- VON BERND JOLITZ

Borussia wird in Frankfurt zum 29. Mal Deutscher Tischtenni­s-Meister. Mit entscheide­nd ist die geniale Taktik des Trainers: Er stellt überrasche­nd die Skandinavi­er Karlsson und Källberg auf – und beide spielen überragend.

Hinterher klingt alles ganz einfach. „Stefan Fegerl hat seine Probleme, wenn er gegen Abwehrspie­ler antreten muss“, erklärt Borussias Trainer Danny Heister. „Deshalb habe ich Anton Källberg aufgestell­t.“Kann man mal so machen: Der Niederländ­er lässt also im Finale um die Deutsche Tischtenni­s-Meistersch­aft seinen zweitbeste­n Spieler draußen und bringt dafür einen 19-Jährigen. Weltrangli­stenplatz 92, Källberg, an der Platte – Rang 19, der Österreich­er Fegerl, auf der Bank.

Es ist nicht der einzige taktische Trick des Niederländ­ers, und an diesem Nachmittag in der Frankfurte­r Fraport-Arena gehen sie alle auf. Borussia schlägt den TTC FuldaMaber­zell 3:0, gibt dabei ganze zwei Sätze ab und holt ganz souverän ihre 29. Deutsche Meistersch­aft. Obwohl ihr Spitzenspi­eler Timo Boll zuvor drei Tage im Bett gelegen hat und vor dem Finale so gut wie gar nicht trainieren konnte (siehe Bericht im überregion­alen Sport). Es ist ein Triumph des Teamgeists.

Ein Geist, der sich auch während des Spiels und unmittelba­r danach zeigt. Fegerl fiebert auf der Bank mit, feuert seine Kollegen an. Sharath Kamal Achanta, der zum Ligarivale­n Bergneusta­dt wechselt und in seinem letzten Spiel für die Düsseldorf­er nicht zum Einsatz kommt, ist der erste, der nach Källbergs verwandelt­em Matchball gegen den hoch eingeschät­zten Ruwen Filus über die Bande und dem jungen Schweden in die Arme springt.

Heister lebt diesen Teamgeist. Als Weltverban­ds-Präsident Thomas Weikert den Meisterpok­al überreicht, sorgt der Coach dafür, dass Achanta die Trophäe als erster bekommt. Und er freut sich wie ein kleiner Junge, als er sein Riesenbier­glas über dem Inder ausschütte­t. Dabei bekommt der Niederländ­er gar nicht mit, wie sich Fegerl hinter ihn schleicht und ihn mit Bier duscht. Wenn so die „Rache“eines Nicht-Nominierte­n aussieht, können alle sehr gut damit leben.

Doch es gab ja auch noch den Fall Kristian Karlsson. „Ich habe Kristian an Nummer eins nominiert, damit Timo eine größere Pause gehabt hätte, wenn es zu einem zweiten Spiel gekommen wäre“, erläutert Heister. Bescheiden unterschlä­gt er dabei seine eigene, weit größere Leistung, denn nach der Weltmeiste­rschaft in Düsseldorf vor einer Woche war der Schwede mental völlig am Boden. Buchstäbli­ch sogar: Nach seinem Erstrunden-Aus im Einzel und dem unglücklic­hen Ausscheide­n im Doppel mit seinem Namensvett­er Mattias saß Karlsson minutenlan­g ganz versteckt in einer Ecke der Messehalle auf dem Boden, ein Handtuch in Schwedens Nationalfa­rben über dem Kopf.

„Ich habe Kristian ein paar Whats App geschickt“, berichtet Heister. „Und als er zum ersten Training kam, erst mal Fußballten­nis angesetzt. Ein bisschen Spaß hilft in solchen Situatione­n.“Und das war schon alles? „Okay, ich habe ihm auch noch gesagt, dass ich sicher bin, dass er ein starkes Finale spielen wird. Ich brauche dich, du machst das, habe ich ihm gesagt.“Karlsson gehorchte, spielte sich den WM-Frust von der Seele und schmettert­e Fuldas Wang Xi von der Platte. So einfach ist das manchmal. Seite B3

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FOTO: IMAGO Einer der vielen Volltreffe­r Borussias: Stefan Fegerl, der im Finale nicht zum Einsatz kam, verpasst Meistertra­iner Danny Heister eine Bierdusche.

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