Rheinische Post Mettmann

Ein grünes Zimmer voller Ideen

- VON UTE RASCH (TEXT) UND ANDREAS ENDERMANN (FOTOS)

Bei der „Offenen Gartenpfor­te“lässt sich erleben, dass die Qualität einer Stadt-Oase nicht von der Quadratmet­erzahl abhängt.

Gärtner sind glückliche Menschen. Der Beweis ist in Gerresheim zu finden, unweit der ehemaligen Glashütte, deren Gelände mittlerwei­le eine riesige Brache ist, auf der kaum ein Grashalm wachsen mag. Aber nur ein paar Schritte entfernt von diesem zurzeit öden Ort, lässt sich vor und hinter einem schlichten Reihenhaus sehen, riechen, schmecken, dass die Qualität einer Oase nicht in Quadratmet­ern zu messen ist. Denn durch Größe punktet der Garten von Liane und Jürgen Schaab gewiss nicht. Sie nennen ihn liebevoll „unser grünes Zimmer“.

Sie haben dieses Haus vor mehr als 30 Jahren gekauft, weil es damals genau richtig war für eine Familie mit drei Kindern: viele kleine Räume auf drei Etagen, damit jedes Kind einen Rückzugsor­t hatte. „Außerdem stimmte der Preis, und uns war die Nähe zur Waldorfsch­ule wichtig“, sagt Liane Schaab. An der Straßensei­te ähnelt das Haus seiner Nachbarsch­aft. Zur Gartenseit­e aber ließ der Architekt Jürgen Schaab seine Fantasie spielen (Zitat: „Meinem Mann fällt immer was ein“), ließ die Fassade in Ziegelrot streichen und die markante Farbe mit einer Verkleidun­g aus sibirische­r Lärche ergänzen.

Im Erdgeschos­s entfernte er alle Wände („das waren alles winzige Zimmerchen“), dort wo zwischen Diele und Wohnzimmer eine Tür war, sorgt jetzt ein Fenster mit altem Sprossenra­hmen für Durchblick. Das Ergebnis ist ein großer Raum mit Kamin und offener Küche. Davor entstand eine überdachte Terrasse, von drei Seiten von Wänden begrenzt, „sehr gemütlich, wenn es im Sommer regnet“. Aber auch sonst ein besonderer Blickfang: wegen des alten Kachelbode­ns, den Jürgen Schaab aus einem Abbruchhau­s rettete. Aber auch wegen der kreativen Ader des Paares, das seit Jahren Teller, Schalen und Gläser zu originelle­n Etagéren zusammenfü­gt. Alles Unikate, allesamt hochgestap­elte Sammlerstü­cke, die die beiden gelegentli­ch auf Sommermärk­ten bis hinauf zur Nordseeküs­te verkaufen. Im Keller ihres Hauses zeigt sich, dass sie noch viel vorhaben: Da stapelt sich das Porzellan bis unter die Decke und wartet darauf, zum Objekt zu werden.

Zurück ins Freie, denn dort zeigt das Haus seine Besonderhe­it: einen Garten mit Charakter. Und geteilter Funktion. Vor der Haustür wächst, was gut schmeckt. Tomaten in der Nachbarsch­aft von Basilikum, Zucchini, Kohlrabi, Mangold und Spinat – Vitamin-Vielfalt, das meiste in Hochbeeten, im Schatten von Skulpturen aus rostigem Eisen. Hinter dem Haus aber haben sich Liane und Jürgen Schaab auf nur 100 Quadratmet­ern einen abgeschied­enen, grünen Glücksort geschaffen, den sie erst vor einigen Jahren in seiner heutigen Form gestaltete­n.

Im Zentrum ein rundes Plateau mit zwei Liegestühl­en: „Über unseren Kies ist schon der spanische König gegangen“, berichtet Jürgen Schaab lachend und liefert die Geschichte gleich hinterher: Ein befreundet­er Gartenbaue­r hatte den Kies seinerzeit für den Garten der spanischen Botschaft in Bonn verwendet, da der Boden zu hoch geraten war, trug er wieder etwas davon ab und lieferte ihn an Familie Schaab, die damit Rondell und Wege bestreute. „Wir waren uns einig, dass für eine Rasenfläch­e unser Garten zu klein ist.“Nicht aber für die üppig wuchernden weißen Kletterros­en, Hortensien, verschiede­ne Ahornarten, Bambus und eine japanische Blütenkirs­che – alles vereint in harmonisch­em Wildwuchs, gebändigt von ordnenden Händen. Und bewacht von einem steinernen Buddha, der auf einem Moossockel (aus dem nahen Wald) ruht.

Am nächsten Samstag wird das Paar sein grünes Zimmer Besuchern öffnen, denn Liane und Jürgen Schaab nehmen am „Tag der offenen Gartenpfor­te“teil. „Wir möchten zeigen, welche Möglichkei­ten auch ein kleiner Garten bietet.“Und dass kein Vermögen notwendig ist, um eine solche Oase zu schaffen. Jürgen Schaab hat die kompletten Kosten für die Neugestalt­ung des Gartens errechnet: 2800 Euro für Pflanzen und Materialie­n. Die Arbeitskra­ft, die beide in ihr grünes Zimmer investiert haben, lässt sich eh nicht beziffern. Höchstens im Nachhinein in Lebensfreu­de umrechnen.

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Das Glück ist grün: Liane und Jürgen Schaab in ihrer Oase in Gerresheim.

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