Die Rheinländer sollen es richten
Die Bürger haben der Koalition der Mitte den Auftrag gegeben, Arbeit, Wachstum und Bildung ins Zentrum der Anstrengungen zu rücken, damit NRW wieder an die Spitze kommen kann.“So steht es auf der ersten Seite des Koalitionsvertrags. Allerdings in dem Exemplar von 2005. Damals regierten CDU und FDP zuletzt in Düsseldorf. Zwölf Jahre später setzen sie erneut auf diese Themen: Bildung, Jobs, Wachstum.
Eines muss man der künftigen „NRW-Koalition“lassen: Ihr Anspruch an sich selbst ist hoch. NRW soll Spitzenreiter werden. Der so oft versprochene Aufstieg für das vom Strukturwandel geplagte Land soll endlich funktionieren. Dabei wird es auf eine Hand voll Rheinländer ankommen.
Neben dem designierten CDU-Ministerpräsidenten Armin Laschet aus Aachen und seinem Meerbuscher Ministerkandidaten Lutz Lienenkämper sind es drei FDP-Politiker, die Herkulesaufgaben stemmen müssen. Der Hochschulprofessor aus dem Rhein-Sieg-Kreis, Andreas Pinkwart (56), soll Wirtschaft, Innovation, Digitales und Energie im Kabinett bündeln. Dabei muss er die alte Industrie mit der jungen, digitalen vernetzen, ohne die Etablierten zu überfordern und die Emporkömmlinge zu enttäuschen. Zugleich soll er Bürokratie abbauen, die Berliner Subventionspolitik korrigieren, die Verwaltung im Land digitalisieren und NRW zum Forschungs-, Breitband- und Gründerland ausbauen. Fragen? ie regierungs- und verwaltungsunerfahrene Kölnerin Yvonne Gebauer (50), Mutter, Kauffrau, soll die hochsensible Schulpolitik beackern. Die FDP-Schulexpertin muss die gescheiterte Inklusion hinbekommen, die Rückkehr zu G9 organisieren und den Qualitätsgedanken in den Schulen ausbauen. Das wohl härteste Brett im Kabinett. Der bodenständige, aber unerfahrene Bonner Politologe Joachim Stamp soll als Vize-Ministerpräsident das Ressort Integration, Familie, Kinder und Jugend führen. Der Kindergartenminister als Vertreter des Regierungschefs? Das gab es noch nie. Aber es ist ein kluger Fingerzeig der Liberalen. Sie setzen den Schwerpunkt auf die Bildung und fangen bei den Kleinsten an. Dort beginnt auch die Integration. Für die CDU werden die Ressorts Finanzen und Inneres entscheidend sein. Die Personalien hütet Laschet noch, aber einfach werden die Aufgaben nicht. Die Schuldenbremse kann bei den Ausgabeplänen nur gehalten werden, wenn die Wirtschaft wächst. Das kann niemand vorhersagen. In der Innenpolitik reicht ein Anschlag, eine verfehlte Polizeiaktion, um Vertrauen zu verspielen. „NRW hat große Potenziale“, schreiben CDU und FDP im Koalitionsvertrag. Man wird sehen, ob dies auch für die Regierung gilt. BERICHT FDP ÜBERNIMMT BILDUNG, CDU INNERES, TITELSEITE
DZerrissene Grüne
Der Blick in den Abgrund hat die Grünen noch nie davon abgehalten, noch einmal gründlich und strittig zu diskutieren. Daher kann man auch von dem Parteitag an diesem Wochenende nicht erwarten, dass sich die Grünen angesichts ihrer schlechten Umfragewerte nun besonders diszipliniert und geschlossen zeigen.
Im Gegenteil: Die Partei ist zerrissen. Mit der Wahl von Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt zu Spitzenkandidaten hat die Ökopartei ein für die Öffentlichkeit klares Signal gesetzt, dass sie bereit ist, mit der Union eine Koalition einzugehen. Viele Stammwähler, die klar rot-grün ticken, nehmen dies übel.
Die Frage, wie sich die Grünen im bevorstehenden Bundestagswahlkampf positionieren, wird zusätzlich dadurch verkompliziert, dass es aus dem Wahlkampf 2013 noch das Steuererhöhungs- und VeggieDay-Trauma gibt. Das Programm zum Wahlkampf trägt zwar den Titel „Zukunft wird aus Mut gemacht“. In Wahrheit ist es aber eher mutlos. Die Partei setzt auf ihre Klassiker: Klima, Soziales, Egalität. BERICHT