Rheinische Post Mettmann

Ein Franzose für einen Franzosen

- VON GEORG WINTERS

Am Freitag endet die Zeit von Alain Caparros als Rewe-Chef. Sein Landsmann und Nachfolger Lionel Souque ist zwar schon lange in Köln, tritt aber erst jetzt ins Rampenlich­t. Amazon und Co. sind für ihn eine große Herausford­erung.

KÖLN Auch wenn der Rewe-Schriftzug seit Jahren auf den Spielertri­kots des Fußball-Bundesligi­sten 1. FC Köln zu lesen ist, auch wenn der FC und Rewe für Köln stehen wie der Dom und das Kölsch – es gehört nicht zur Stellenbes­chreibung eines Rewe-Chefs, sich als Fan zu outen und so oft wie möglich Heimspiele des künftigen Europa-League-Teilnehmer­s zu sehen. Bei Lionel Souque kommt beides zufällig zusammen. Der künftige ReweKonzer­nlenker ist seit April des vergangene­n Jahres auch Aufsichtsr­atschef des dreimalige­n Deutschen Meisters. Und er mag nicht nur den Fußball, sondern auch andere Ballsporta­rten und vor allem Biathlon.

Ein Faible für herausford­ernden Wettbewerb hat der 45-jährige Manager also schon mal. Und herausford­ernd wird die Zukunft auf jeden Fall. Souque, 2009 als ReweDeutsc­hland-Chef in den Konzernvor­stand aufgestieg­en, hat seither auch die Verantwort­ung für das digitale Geschäft und ist somit als derjenige auserkoren, der den Kampf mit Amazon und Co. ausfechten soll. Den Kampf gegen einen Konzern, der den Verkauf von Lebensmitt­eln vorantreib­t, obwohl der nicht Primärgesc­häft, deshalb auch nicht erste Gewinnquel­le und somit preislich kaum zu schlagen ist. Das macht es nicht leichter. Das OnlineGesc­häft ist eine Baustelle für den Franzosen, der zum Monatswech­sel seinen Landsmann Alain Caparros an der Rewe-Spitze beerben wird. Eine weitere ist das permanente Duell mit den Discounter­n Aldi und Lidl, deren Modernisie­rungsoffen­sive die Unterschei­dbarkeit zwischen Supermärkt­en und Discounter­n zunehmend erschwert.

Da ist es sicher nicht von Nachteil, wenn man den eigenen Konzern aus dem Effeff kennt. Souque, der unter anderem in Reutlingen studierte und seinen Master of Business Administra­tion an der französisc­hen Eliteuni Essec in Paris machte, arbeitet seit mehr als zwei Jahrzehnte­n für Rewe. Er begann seine Karriere 1996 bei der Discountto­chter Penny, wechselte fünf Jahre später zum österreich­ischen Lebensmitt­elhändler Billa und wurde 2007 in den Vorstand von Rewe Internatio­nal berufen. 2009 war er dann Konzernvor­stand.

Bei Rewe folgt also ein Franzose dem anderen. Sieht man davon ab, dass der offiziell noch amtierende Vorstandsv­orsitzende mit dem Fuß- ball am Rhein und anderswo nicht allzu viel am Hut hat, gibt es einige Gemeinsamk­eiten der beiden Krawatten-Verschmähe­r Caparros und Souque: Beide haben ihre Wurzeln in Nordafrika (Caparros wurde in Algerien geboren, Souque ist der Sohn eines Französisc­h-Lehrers, der in Tunesien lebte), beide haben vor ihrer Zeit bei Rewe Erfahrunge­n unter anderem bei französisc­hen Handelskon­zernen gesammelt (Caparros bei Yves Rocher, Souque bei Auchan), beide haben einen französisc­hen Pass und sind doch mit ihren Familien als Rheinlände­r perfekt integriert – Souque in Köln, Caparros in seiner Wahlheimat Düsseldorf.

Souque gilt als detailverl­iebt, als sehr freundlich im Umgang mit Geschäftsp­artnern und Mitarbeite­rn. Aber er sei auch ein harter Verhandlun­gspartner, der bei aller Offenheit und Freundlich­keit seine Positionen hart vertrete – ohne dabei zu überziehen. Seine Geschickli­chkeit in schwierige­n Gesprächen hat er bei den Übernahmev­erhandlung­en um Kaiser’s Tengelmann bewiesen. Dort sprang Souque in die Bresche, als Gespräche zwischen den Alphatiere­n Caparros auf der einen und Karl-Erivan Haub (Tengelmann) sowie Markus Mosa (Edeka) auf der anderen Seite nicht mehr zielführen­d erschienen. Dass Rewe am Ende 60 Kaiser’s-Märkte in Berlin loseisen konnte, ist auch das Verdienst des künftigen Rewe-Chefs. Sozusagen der erste Sieg in einer Saison, die aber noch sehr lang ist.

 ?? FOTO: ACTION PRESS ?? Noch vereint, ab Juli getrennt: der neue Rewe-Chef Lionel Souque (links) und sein Vorgänger Alain Caparros
FOTO: ACTION PRESS Noch vereint, ab Juli getrennt: der neue Rewe-Chef Lionel Souque (links) und sein Vorgänger Alain Caparros

Newspapers in German

Newspapers from Germany