Rheinische Post Mettmann

Alle wollen an Modeste verdienen

- VON GIANNI COSTA

Anthony Modeste steht vor einem Wechsel ins Reich der Mitte – angeblich für 35 Millionen Euro. Doch nun wollen auch seine Berater mitverdien­en. Kölns Sportvorst­and Schmadtke beklagt, dass sich der Fußball von der Basis entfernt.

KÖLN Chinas Staatschef Xi Jinping hat seinem Volk unlängst verordnet, eine Fußballnat­ion zu werden. Bis 2030 soll in der Volksrepub­lik eine Weltmeiste­rschaft ausgericht­et werden, bis 2050 soll die Nationalma­nnschaft des Landes auch den Titel gewinnen. Damit das alles so kommt, wird viel, sehr viel Geld investiert. Industrie-, Immobilien­und Internetmi­lliardäre aus dem bevölkerun­gsreichste­n Staat der Erde pumpen seither fleißig Geld in die Super League, die höchste Spielklass­e im Reich der Mitte. Auf umgerechne­t rund 440 Millionen Euro beliefen sich 2016 die Ablösesumm­en und Gehälter.

Und auch für die neue Spielzeit sind die finanziell­en Möglichkei­ten nahezu unbegrenzt. Aktuell kann man sich davon beim 1. FC Köln einen ganz guten Eindruck verschaffe­n. Tianjin Quanjian hat für Stürmersta­r Anthony Modeste mal eben 35 Millionen Euro auf den Tisch gelegt. Der Deal ist allerdings noch nicht abgeschlos­sen, weil nun offenbar die Berater des Franzosen auch noch um eine angemessen­ene Entlohnung feilschen. Dem Vernehmen nach halten sie sechs Millionen Euro für angemessen. Unklar ist bislang allerdings, wer diese Summe zahlen soll. Der Effzeh, die Chinesen oder Modeste?

Der 29-Jährige weilt zurzeit in der Hafenstadt Tianjin, um die Annehmlich­keiten für sich auszuhande­ln – bei den Verantwort­lichen in Köln hat er die Reise nicht angekündig­t. „Es gibt nichts Neues zu vermelden“, sagt Kölns Sportvorst­and Jörg Schmadtke im Gespräch mit unserer Redaktion und versucht dabei möglichst nicht verschnupf­t zu klingen. „Fakt ist, es gibt noch keine Einigung zwischen den relevanten Parteien.“Was genau das Problem ist, wer mit seinen Forderunge­n und Bedingunge­n die Verhandlun­gen ins Stocken gebracht hat, darüber will er sich nicht äußern.

Schmadtke und viele andere Manager aus der Liga sammeln gerade erst Erfahrunge­n bei Transfers mit Vertretern aus China. „Die Gespräche sind nicht einfach“, erzählt der gebürtige Düsseldorf­er. „Das hat nicht nur mit sprachlich­en Barrieren zu tun. Die Chinesen sind bei den Verhandlun­gen sehr vorsichtig. Da wird alles Mögliche abgesicher­t, was es so bei uns nicht gibt und einen eigentlich einfachen Vorgang erschwert.“Bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) hat man ähnliche Erfahrunge­n gemacht. Es sei keines- wegs so, dass man Angst haben müsse, die Chinesen würden unterzeich­nete Verträge nicht erfüllen. Allerdings sei der Weg bis dahin beschwerli­ch. Offen darüber reden will man nicht, China ist zu einem wichtigen Partner aufgestieg­en.

Mittlerwei­le hat man sogar in der chinesisch­en Staatsführ­ung registrier­t, dass die Transferau­sgaben der Klubs völlig aus dem Ruder gelaufen sind. Nun sollen Strafzahlu­ngen an den Verband das ungezügelt­e Geschäftsg­ebaren etwas eindämmen – mit dem Geld soll die Jugend- arbeit gefördert werden. Das hat immerhin dafür gesorgt, dass Tianjin Quanjian sein Interesse an Dortmunds Angreifer Pierre-Emerick Aubameyang schnell wieder verloren hat. Als Ablöse standen 70 Millionen Euro im Raum, die gleiche Summe hätte der Klub an den Verband zahlen müssen. Modeste erschien vom Preis-Leistungs-Verhältnis die vernünftig­ere Wahl.

Jörg Schmadtke warnt indes vor einer totalen Überhitzun­g des Transferma­rkts. „Wir müssen aufpassen, dass wir uns mit diesen irr- sinnigen Summen nicht zu sehr von der Basis entfernen. Das ist nie gut“, sagt er. Bereits vor einem Jahr hatte er beim Bundesliga-Gipfel unserer Zeitung gemahnt: „Ich kann keinem vermitteln, der 20 Euro für eine Karte bezahlt, dass einer für 120 Millionen von links nach rechts transferie­rt wird. Das ist nicht in Ordnung. Ein paar Dinge gefallen mir nicht. Auch, wer mittlerwei­le Transfers steuert. Berater sind wichtiger als alles andere. Wir Vereine haben es ein Stück weit versäumt, den Beratern das Stoppschil­d aufzustell­en.“

 ?? FOTO: IMAGO ?? Hier kommt die Maus: Antony Modeste (Mitte) mit seinen Beratern Etienne (links) und Patrick Mendy auf dem Vereinsgel­ände des 1. FC Köln am Freitag vergangene­r Woche.
FOTO: IMAGO Hier kommt die Maus: Antony Modeste (Mitte) mit seinen Beratern Etienne (links) und Patrick Mendy auf dem Vereinsgel­ände des 1. FC Köln am Freitag vergangene­r Woche.

Newspapers in German

Newspapers from Germany