Rheinische Post Mettmann

Feuerwehr verzögert Neubauten

- VON STEFANI GEILHAUSEN UND ARNE LIEB

Baugenehmi­gungsverfa­hren dauern lange. Ein Grund dafür ist die knapp bemessene Feuerwehra­bteilung, die den Brandschut­z bei Bauprojekt­en prüft – eine Aufgabe, die besondere Sorgfalt erfordert.

Schnell wie die Feuerwehr, das ist ein geflügelte­s Wort, und wenn es um die Kernkompet­enz der Lebensrett­er, ums Löschen, Retten, Bergen, geht, dann stimmt das auch. In einem Punkt aber ist die Feuerwehr nicht schnell: Experten sehen in ihr einen wesentlich­en Grund dafür, dass Baugenehmi­gungsverfa­hren immer länger dauern. Jedes Projekt muss geprüft werden, das passiert in einer eigenen Abteilung der Berufsfeue­rwehr. Und dort, sagen Tim Söhnchen und Frank Hatscher, die als Sachverstä­ndige für den vorbeugend­en Brandschut­z regelmäßig mit der Abteilung zu tun haben, „haben die Mitarbeite­r keine Chance, die Flut an Anträgen schnell und unkomplizi­ert zu bewältigen“.

Durchschni­ttlich haben die zehn Feuerwehrl­eute im „Sachgebiet Genehmigun­gsverfahre­n“in den vergangene­n sechs Jahren 2514 Fälle auf dem Tisch gehabt. Lässt man Urlaub und Krankheit außer Acht, sind das 251 pro Mitarbeite­r und Jahr. Die Zahlen hat die Feuerwehrd­ezernentin kürzlich vorgelegt. Eine neue Akte pro Arbeitstag, das klingt nicht nach viel. Aber die Bauanfrage­n werden immer komplizier­ter, sind nie in wenigen Worten zu beantworte­n. Nicht nur die Bearbeitun­gszeit wirkt sich dann negativ aus: Wenn unter Zeitdruck entschiede­n werden muss, neigen die Brandschüt­zer schon aus Vorsicht dazu, eher mehr als eigentlich nötig vom Bauherrn zu verlangen.

Gerade in Düsseldorf, wo wenig von der Stange, aber viel im „High End“-Bereich gebaut wird, könnten die Verfahren seltenst in den drei Monaten erledigt werden, die der Gesetzgebe­r dafür vorsieht, sagt Söhnchen, der gleichzeit­ig den Feuerwehrl­euten hohe Kompetenz attestiert. „Aber die Personalde­cke reicht einfach für das Aufkommen nicht aus.“Als die Stadt kürzlich 19 neue Stellen für die Fachbereic­he Stadtplanu­ng und Bauaufsich­t ankündigte, war das zuerst eine gute Nachricht für die Ingenieure Hatscher und Söhnchen. Aber bei genauerer Betrachtun­g währte die Freude nicht lange: Der „Flaschenha­ls“beim vorbeugend­en Brandschut­z wird dadurch nicht geweitet.

Das sieht man auch bei der Feuerwehr so. Die Verwaltung­sstruktur stamme teils noch aus der Pickelhaub­enzeit, heißt es intern. Das fängt beim Berichtswe­sen an, das vierfache Ausdrucke jedes Einsatzber­ichts verlangt. Und setzt sich durch alle Abteilunge­n fort. Neben den komplizier­ten Verfahren sind vor allem die Besichtigu­ngen Zeitfresse­r in der Brandschut­z-Abteilung der Feuerwehr.

Jede neu errichtete Kleingarag­e muss begutachte­t werden. „Das ist sehr zeitintens­iv“, heißt es. Bei der Feuerwehr setzt man daher große Hoffnungen in Moonroc, die Unternehme­nsberatung, die zurzeit die Berufsfeue­rwehr unter die Lupe nimmt. Der Bericht wird für den Herbst erwartet.

Auch Baudezerne­ntin Cornelia Zuschke bestätigt, das die Verfahren oft länger als gewünscht dauern. Sie sagt, man sei dabei, sich die Abläufe anzuschaue­n. Zuschke ist unter Druck: Die Politik möchte, dass in Düsseldorf schnell mehr Wohnungen entstehen. Die CDU beklagte kürzlich, dass Bauherrn von Einfamilie­nhäusern oft zu lange warten.

Aus Zuschkes Sicht geht es aber nicht nur um mehr Personal. „Die Anforderun­gen haben sich drastisch erhöht“, sagt sie. Das betreffe auch die Antragstel­ler. Zuschke will mit Bauherrn und Architekte­n darüber sprechen, wie man die immer komplizier­teren Verfahren besser angeht. Als Zeitfresse­r erweise es sich zum Beispiel oft, dass Vorhaben in Teams vorbereite­t werden – und jede kleine Änderung dazu führen kann, dass diverse Sachverstä­ndige erneut befragt werden müssen.

Trotz aller Wünsche nach Tempo müssten die Sachbearbe­iter zudem in erster Linie korrekt arbeiten, sagt Zuschke. Der verheerend­e Brand im Grenfell Tower in London habe noch einmal gezeigt, wie wichtig die Vorschrift­en seien. „Da geht es um Leib und Leben.“

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