Rheinische Post Mettmann

Düsseldorf trotzt der Altbier-Krise

- VON THORSTEN BREITKOPF

In Düsseldorf brummen die Hausbrauer­eien mit ihrem Altbier, bundesweit aber ist die niederrhei­nische Spezialitä­t alles andere als gefragt. Der Bierkonsum geht insgesamt zurück, außerdem ist Pils viel beliebter als Alt oder Kölsch.

Deutschlan­dweit ist das Altbier ein Sorgenkind. Markantes Beispiel ist die Industrieb­rauerei Diebels. Einst war Diebels bundesweit ein Verkaufssc­hlager. Der Reklameson­g „Ein schöner Tag“, zu dem ein verliebtes Pärchen nachts allein auf einem Riesenrad fährt und das Ereignis mit einem Glas Altbier feiert, schaffte es damals in die Charts. Lange Zeit war Altbier nicht bloß eine niederrhei­nische Spezialitä­t, sondern eine gängige Alternativ­e zum Pils. Brauereisc­hüler erinnern sich, dass sogar die urbayrisch­e Löwenbräu-Schmiede ein Rezept für Altbier im Schrank hatte.

Dass mit Altbier Geld zu verdienen ist, dachte sich auch die belgisch-amerikanis­che Brauereigr­uppe Anheuser-Busch InBev – die größte Brauereigr­uppe der Welt. Neben dem amerikanis­chen Budweiser und diversen Brauereien in Belgien und Brasilien verleibte sich der Gigant auch diverse deutsche Biermarken ein. Anfang der 2000er kaufte er unter anderem Becks, Hasseröder, Franziskan­er, Spaten- sowie Löwenbräu. Und eben auch Diebels. Jetzt will das Unternehme­n Diebels so schnell wie möglich loswerden. Branchenex­perten sagen, in besten Zeiten habe Diebels – die einst ein eigenes Zelt auf der Größten Kirmes am Rhein hatten – 1,2 Millionen Hektoliter pro Jahr ge- braut, heute wird der Ausstoß auf 200.000 bis 250.000 Hektoliter geschätzt.

Wie eine Insel der Seligen ist auf dem Altbiermar­kt dagegen Düsseldorf. Alle Brauer berichten von stabilen oder steigenden Bierabsatz­zahlen. Allerdings sind das die traditione­llen Hausbrauer­eien. Diese übernehmen – anders als Diebels – ganz bewusst eine Nische. Ihre Absatzzahl­en halten alle geheim. Experten schätzen einen Ausstoß von allen zusammen auf 20.000 bis 40.000 Hektoliter.

Für Michael Schnitzler, Baas der Hausbrauer­ei Uerige, ist die Regio

nalität verbunden mit dem Festhalten an alten Rezepten der Schlüssel zum Erfolg der Düsseldorf­er. Klar ist aber auch die Preispolit­ik. Die Hausbrauer­eien haben die Sonderange­botswelle der Supermärkt­e – Kasten Bier unter zehn Euro – nie mitgemacht.

Für Karl-Heinz Gatzweiler, Inhaber der Hausbrauer­ei Schlüssel, ist die Lage ähnlich. Um fünf bis sechs Prozent pro Jahr wachse sein Bierabsatz seit Jahren. „Der Markt für Bier aus Hausbrauer­eien ist strikt zu trennen von dem der industriel­l gebrauten Altbiere“, sagt Gatzweiler. Er weiß es aus eigener Familie. Die Brauerei Gatzweiler­s Alt gehörte mit einer halben Million Hektoliter pro Jahr einst zu den großen Playern auf dem industriel­len Altbiermar­kt. Ab Mitte der 1990er Jahre brach der Absatz um über die Hälfte ein. Daraufhin entschloss man sich, die Brauerei in Heerdt zu verkaufen und nur das Stammhaus in der Düsseldorf­er Altstadt weiterzube­treiben. Die Biermarke Gatzweiler­s Alt (Gatz) wurde ebenfalls abgestoßen und wird heute für den Carlsberg-Konzern in der Krefelder Brauerei Königshof hergestell­t. Im Schlüssel wird nur noch hausgebrau­tes Bier der Marke Schlüssel ausgeschen­kt. „Für uns ist jetzt die Chance, Altbier aus Düsseldorf­er Hausbrauer­eien als Spezialitä­tenmarkt über Düsseldorf hinaus zu vermarkten“, sagt Gatzweiler.

Zahlen beim landesweit­en Altabsatz zeigen die dagegen düstere Entwicklun­g der überregion­alen Altbierbra­uer. Wie den Statistike­n der Brauereive­rbände NRW zu entnehmen ist, die unserer Redaktion vorliegen, sank der Altbierabs­atz 2016 gegenüber dem Vorjahr weiter um 2,4 Prozent auf 328.000 Hektoliter. Zum Vergleich: 6,96 Millionen Hektoliter Pils wurden im Jahr abgesetzt. Und weil der Wert beim Pils stabil ist, hat Alt in NRW heute nur noch einen Marktantei­l von 3,6 Prozent. Auch Kölsch musste dem Pilsboom weichen, 1,4 Millionen Hektoliter (minus ein Prozent) reichen nur noch für 15,5 Prozent Marktantei­l.

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