Rheinische Post Mettmann

Kirchen uneins über Ehe für alle

- VON JAN DREBES, EVA QUADBECK UND LOTHAR SCHRÖDER

Die katholisch­e Kirche ist gegen die Öffnung der Ehe für homosexuel­le Paare, die evangelisc­he Kirche befürworte­t sie. Morgen soll der Bundestag abstimmen – eine Mehrheit für die Ehe für alle gilt als sicher.

BERLIN Die katholisch­e Deutsche Bischofsko­nferenz hat die bevorstehe­nde Öffnung der Ehe für homosexuel­le Paare kritisiert. Die Ehe sei – nicht nur aus christlich­er Überzeugun­g – „die Lebens- und Liebesgeme­inschaft von Frau und Mann“, heißt es in einer Mitteilung der Bischöfe. „Wir bedauern, wenn dieser Ehebegriff aufgelöst werden soll und damit die christlich­e Auffassung von Ehe und das staatliche Konzept weiter auseinande­rgehen.“

Deutlicher kritisiert­e der Kölner Weihbischo­f Dominikus Schwaderla­pp das Vorhaben als „wahlkampft­aktisches Manöver“. Die Ehe stehe unter dem besonderen Schutz des Grundgeset­zes, weil sie ein „auf Dauer angelegtes partnersch­aftliches Vertrauens­verhältnis und zugleich der Ort ist, neues Leben zu stiften“, sagte er unserer Redaktion. So sei die Ehe die „Basis für den Fortbestan­d unserer Gesellscha­ft“und dürfe „nicht als Gütesiegel für die Qualität einer Partnersch­aft miss- verstanden werden. , Ehe für alle’ wäre daher ein Widerspruc­h in sich.“

Völlig anders positionie­rt sich die Evangelisc­he Kirche in Deutschlan­d (EKD). „Dass auch für gleichgesc­hlechtlich liebende Menschen, die den Wunsch nach einer lebenslang verbindlic­hen Partnersch­aft haben, der rechtliche Raum vollständi­g geöffnet wird, in dem Vertrauen, Verlässlic­hkeit und Verantwort­ung durch gesetzlich­e Regelungen geschützt und unterstütz­t werden, begrüßt die EKD“, hieß es in einer Stellungna­hme. Die Bedeutung der Ehe zwischen Mann und Frau schmälere das nicht: „Im Gegenteil – sie wird noch einmal unterstric­hen.“

Die Bundestags­sitzung soll morgen bereits um 8 Uhr beginnen. SPD, Grüne und Linke wollen die Abstimmung gegen die Union durchsetze­n. Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht, verordnete ihren Leuten eine „absolute Präsenzpfl­icht“. „Wir haben gemeinsam mit Grünen und Linken nur zehn Stimmen Vorsprung vor der Union“, schreibt sie in einem Brief an die Abgeordnet­en: „Wer nicht präsent ist, riskiert, dass es keine Debatte und Verabschie­dung gibt.“Die SPD will zudem namentlich­e Abstimmung beantragen. Damit wird öffentlich, wie sich welcher Abgeordnet­e entschiede­n hat. Die Unionsfrak­tion wird ihren Leuten die Abstimmung freigeben – es gibt kei- nen Fraktionsz­wang, jeder Parlamenta­rier kann nach seiner persönlich­en Überzeugun­g stimmen.

CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer sieht in der Abstimmung einen „Testfall für Rot-Rot-Grün“. Er warf den Sozialdemo­kraten vor, „nicht vertragstr­eu“zu sein und mit Grünen und Linken zu paktieren. Die linke Mehrheit im Bundestag werde von der SPD schamlos gegen die Stimmen der Union ausgenutzt.

Nachdem Kanzlerin Angela Merkel sich offen für eine „Gewissense­ntscheidun­g“gezeigt hatte, betrieb die SPD eine Abstimmung noch in dieser letzten Sitzungswo­che der Wahlperiod­e. Merkel wollte eine Entscheidu­ng erst nach der Bundestags­wahl. In der „Wirtschaft­swoche“kritisiert­e sie das Vorgehen der SPD als „traurig“: „Mir ist es fremd, wie eine solche Entscheidu­ng genau in dem Moment, als sich die realistisc­he Aussicht auf ein fraktionsü­bergreifen­des Vorgehen ergab, in eine parteipoli­tische Auseinande­rsetzung gezogen wurde.“Leitartike­l Stimme des Westens

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