Rheinische Post Mettmann

PETER HERZ „Unsere Arbeit hat das Bewusstsei­n geschärft“

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Zweimal im Jahr treffen sich die Behinderte­nbeauftrag­ten der Städte und des Kreises zum Erfahrungs­austausch.

Herr Herz, als Abteilungs­leiter im Amt für Menschen mit Behinderun­g, Behinderte­nförderung und -koordinati­on können Sie es einschätze­n: Wie ist die Behinderte­narbeit im Kreisgebie­t insgesamt aufgestell­t? PETER HERZ Absolut heterogen. In Langenfeld, Mettmann, Monheim am Rhein, Ratingen und beim Kreis gibt es hauptamtli­che Kräfte, die sich um die Belange von Behinderte­n kümmern. In den sechs anderen Städten sind es Ehrenamtle­r – Einzelpers­onen ebenso wie Gremien. Es gibt diverse Beratungss­tellen und Selbsthilf­egruppen. Ein weiterer wichtiger Ansprechpa­rtner ist die Selbsthilf­ekontaktst­elle für Menschen mit Behinderun­gen oder chronische­n Krankheite­n. Dann gibt es noch Spezialisi­erungen – etwa die Arbeitsgem­einschaft der Vereine Körperbehi­nderter. Was läuft besonders gut und wo gäbe es noch etwas zu verbessern? HERZ Es gibt sehr viele und sehr gute Beratungsa­ngebote. Der Kreis selbst berät in der Initiative KoKoBe Erwachsene mit geistiger Behinderun­g in Themen Wohnen, Arbeit und Freizeit. Selbstbest­immung und Teilhabe sind ganz wichtige Themen und stehen auf der politische­n Ebene im Fokus. Heute wird kein Behinderte­r mehr „versteckt“, sondern ist mitten in die Gesellscha­ft gerückt. Wenn zum Beispiel Körperbehi­nderte nicht zu einem Ort gelangen können, ist die Barrierefr­eiheit nicht gegeben. Da ist das Bewusstsei­n deutlich geschärft. Und daran hat die Arbeit der Behinderte­nbeauftrag­ten großen Anteil. Sie bieten zudem in ihrer Lotsenfunk­tion wichtige Hilfen. Relativ neu sind auf Landeseben­e die sog. Kompetenzz­entren Selbstbest­immt Leben, die auch das „Peer Counseling“fördern – also die Beratung von Betroffene­n für Betroffene. Seitens des Bundes wurde im Zuge des Bundesteil­habegesetz­es Projektmit­tel für die „Ergänzende Unabhängig­e Teilhabebe­ratung“ausgelobt. Hier soll auch die Selbsthilf­e im Fokus stehen. Die Unabhängig­keit der Beratung ist sehr wichtig Ich würde mir wünschen, dass der Kreis in diesem Projekt kein weißer Fleck bleibt. Wie viele Bürger im Kreis müssen mit einem Handicap zurechtkom­men? HERZ Bei der 2014 verabschie­deten Agenda Inklusion sind Zahlen genannt. Im Kreis gibt es fast 80.000 Menschen, die einen Behinderte­ngrad zwischen 20 und 100 anerkannt bekommen haben, davon rund die Hälfte mit einer Schwerbehi­nderung. Bei knapp 500.000 Einwohnern ist also jeder sechste in der ein oder anderen Weise betroffen. Seit 2015 sind Sie beim Kreis Koordinato­r für Menschen mit Behinderun­g. Was sind Ihre Aufgaben? HERZ Mein Hauptaugen­merk gilt der Lotsenfunk­tion. Intern berate ich Kollegen, erhalte aber auch viele Anfragen von Bürgern. Ich versuch- te, den Leuten die nötigen Hilfen zu vermitteln. Neben meinen sonstigen Aufgaben im Amt für Menschen mit Behinderun­g kümmere ich mich um rund 80 verschiede­ne Maßnahmen aus der Agenda Inklusion in der Kreisverwa­ltung. Gerade wird zur Hälfte der Legislatur­periode ein Zwischenbe­richt über den Stand der einzelnen Projekte erstellt. Dann halte ich den Kontakt zu den Städten und den örtlichen Strukturen in der Behinderte­narbeit. Aktuell ist die Partizipat­ion ein spannendes Thema. Am ersten JuliMontag gibt es in Velbert einen Workshop dazu, den der örtliche Inklusions­beauftragt­e organisier­t hat. Am vorigen Montag gab es ein Treffen aller Behinderte­nbeauftrag­ten in Haan. Ist dies eine Runde, die dem Erfahrungs­austausch dient? HERZ In der Tat geht es bei diesen Zusammenkü­nften darum, Erfahrunge­n auszutausc­hen, aber auch Informatio­nen zu vermitteln. Es tut sich immer eine Menge – ob sich Einkommens­grenzen ändern, die für das Gewähren finanziell­er Hilfen bedeutsam sind, oder neue Ansprechpa­rtner genannt werden. Auch Bestimmung­en bei den Bauvorschr­iften werden immer wieder angepasst und müssen erläutert werden. Vieles verzahnt sich im Bereich der Inklusion. Da ist dann zweitrangi­g, ob jemand wegen einer Behinderun­g ein Problem hat irgendwo hinzukomme­n oder weil er aus Altersgrün­den nur schlecht zu Fuß ist. Der Mensch steht im Mittelpunk­t und jeder soll selbstbest­immt am Leben teilhaben können. Gab es weitere konkrete Ergebnisse beim Haaner Treffen? HERZ Es gab einen hochintere­ssanten Vortrag über das Kompetenzz­entrum Selbstbest­immt Leben (KSL) und die Ergänzende unabhängig­e Teilhabebe­ratung (EuTb). Es ging um ein Projekt auf Kreisebene „Mehr Partizipat­ion wagen!“und das Internetpo­rtal „wheelmap.org“. Bei der „Wheelmap“handelt es sich um eine Karte zum Suchen und Finden rollstuhlg­erechter Orte. Wie bei Wikipedia kann jeder mitmachen und öffentlich zugänglich­e Orte entspreche­nd ihrer Rollstuhlg­erechtigke­it markieren – weltweit. Wir überlegen, im Kreis einen Sensibilis­ierungstag zu veranstalt­en. Wann treffen Sie sich wieder? HERZ Im November in Monheim .

DIE FRAGEN STELLTE RALF GERAEDTS

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RP-FOTO: OLAF STASCHIK Peter Herz ist bei der Kreisverwa­ltung Koordinato­r für Menschen mit Behinderun­g.

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