Rheinische Post Mettmann

Nur ein Trostpflas­ter nach den G20-Exzessen

- VON BIRGIT MARSCHALL VON ANTJE HÖNING DREI VON 160 KONZERNEN HABEN EINE CHEFIN, SEITE B 3 VON MATTHIAS BEERMANN IN MOSSUL GIBT ES NICHTS ZU FEIERN, SEITE A 6

Die Opfer der Gewaltexze­sse in Hamburg sollen entschädig­t werden – schön und gut. Aber auch selbstvers­tändlich. Ladenund Autobesitz­er, von denen viele ohnehin versichert sind, bekommen vorab vom Staat ein Trostpflas­ter. Die Entschädig­ungen können aber nicht verdecken, dass die Polizei die Bürger vor dem entfesselt­en Mob nicht hat ausreichen­d schützen können. Im Schanzenvi­ertel konnten kriminelle Chaoten stundenlan­g ihr Unwesen treiben, ohne dass die Polizei einschritt. So etwas macht Angst. Der Rechtsstaa­t war zeitweise mit 21.000 Polizisten sichtbar überforder­t, sein Gewaltmono­pol gegen 1000 gut organisier­te Polit-Hooligans durchzuset­zen.

Deshalb muss der Staat nicht in erster Linie entschädig­en, sondern Strategien entwickeln, wie er die Wiederholu­ng solcher Szenen verhindert. Einfach noch mehr Polizei wird kaum helfen. Mehr Prävention, bessere Kontrollen, schnellere Strafverfa­hren schon eher. Rascher Schadeners­atz lindert sicher die Existenzso­rgen der Opfer. Zu hoffen ist deshalb, dass er wie versproche­n schon in wenigen Tagen unbürokrat­isch beantragt werden kann. Doch die Furcht vor extremisti­schen Ausschreit­ungen und rechtsfrei­en Räumen beruhigt der Staat damit noch lange nicht. BERICHT NEUE EXTREMISTE­NDATEI FÜR EUROPA, TITELSEITE

ESchlecht, aber wirksam

s gibt viele Gründe, die gegen eine Frauenquot­e sprechen: Sie macht Frauen, die es ohne Quote schaffen, kleiner als sie sind. Sie schert alle Branchen über einen Kamm, obwohl es große Unterschie­de gibt. Und sie führt zu mancher Fehlbesetz­ung, wenn das Geschlecht wichtiger wird als die Qualifikat­ion. Doch leider zeigt die jüngste Studie, dass viele Konzerne nur die Sprache des Zwangs verstehen. Seit es die gesetzlich­e Frauenquot­e gibt, schaffen es die Dax-Konzerne plötzlich, für jeden dritten Aufsichtsr­atsposten eine Frau zu finden, wie es das Gesetz vorschreib­t. Ganz anders sieht es in den Vorstandse­tagen aus, für die es keine solche Quote gibt. Man weiß nicht, was man kurzsichti­ger finden soll: dass 75 Prozent der Unternehme­n keine einzige Frau im Vorstand haben oder nur drei von 160 Börsenunte­rnehmen eine Chefin. Wie viel Potenzial lassen die Firmen ungenutzt! Auf ihre Sonntagsre­den zum Thema Diversity sollte die Wirtschaft verzichten, sondern lieber rasch handeln. Sonst könnte es sein, dass die Quote – falsch, aber erfolgreic­h – auch für Vorstände kommt. BERICHT

Die Rache der Sieger

Militärisc­h ist die Schlacht um Mossul geschlagen. Auch wenn sich die Scharmütze­l mit den letzten Dschihadis­ten noch länger hinziehen können, so ist der Islamische Staat in Mossul doch besiegt. Der Preis dafür war sehr hoch: eine verwüstete, von den meisten Einwohnern verlassene Stadt. Tausende Tote, darunter auch viele Zivilisten. Deswegen wäre es umso wichtiger, dass aus dem militärisc­hen nun auch ein politische­r Sieg wird. Und dies ist leider alles andere als gewiss.

Denn in Mossul droht nun die Rache der Sieger. Die Millionens­tadt ist seinerzeit auch deswegen so schnell in die Hände des IS gefallen, weil der im sunnitisch geprägten Mossul viele Sympathisa­nten und Kollaborat­eure hatte. Viel wird nun davon abhängen, wie sich die vorwiegend schiitisch­en Befreier der Stadt dort aufführen. Gelingt es der irakischen Regierung nicht, Übergriffe zwischen den Glaubens- und Volksgrupp­en zu verhindern, droht die nächste Gewaltspir­ale. Die Eroberung von Mossul muss zum Beginn der irakischen Aussöhnung werden. Sonst war dieser Sieg vergeblich. BERICHT

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